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Herr Müller isst nichts

Herr Müller will nichts mehr essen. Jedenfalls meint das Frau Danninger aus dem Altenheim. Ob ich denn nicht mal mit ihm reden könnte. „Er ist in letzter Zeit so niedergeschlagen. Egal, was wir ihm anbieten, er mag es nicht.“

Also besuche ich Herrn Müller. Als ich bei ihm im Zimmer stehe, knurrt Herr Müller etwas, was sich ungefähr so anhört: „Haben die gleich den Pfarrer geschickt?“ Aber wenn ich schonmal da wäre, könnte ich mich setzen. Nach ein wenig Smalltalk erzählt Herr Müller. Von seiner Frau Hanni, die seine große Liebe war. Wie er sie über zwei Jahre lang gepflegt hat und erst einmal lernen musste, wie man wäscht und kocht. „Hanni hat da immer ihre Witzchen über mich gemacht. So hatten wir es auch in den letzten Jahren noch gut miteinander“, schmunzelt Herr Müller und wischt sich eine Träne weg. Sieben Jahre sei das nun her. „Und nun bin ich seit zwei Jahren hier. Die Beine machten nicht mehr mit, allein ging es nicht mehr.“ Am Anfang war das auch gut. Er hat Kontakt zu anderen gefunden, mit denen er über seine Leidenschaft Fußball fachsimpeln konnte. Aber seit einigen Wochen geht es ihm immer schlechter. „Zwischendrin auch mal Krankenhaus.“ Dabei seufzt er. „Mir schmeckt es nicht mehr, eigentlich will ich auch heim zu meiner Hanni.“ Herr Müller ist nun müde. Wir verabreden uns für nächste Woche. „Und ich werde auch was essen. Ich will ja die Frau Danninger nicht ärgern.“ Wir haben uns noch ein paar Mal gesehen. Inzwischen ist Herr Müller gestorben. Und vielleicht… (Pause), nein, ich bin sicher: Nun isst er mit seiner Hanni etwas Leckeres.