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Heiliger Rasen

Am Freitag beginnt wieder die Fußballsaison in der 1. Bundesliga. Da pilgern an den nächsten Wochenenden Menschen zum „heiligen Rasen“ und hoffen auf ein „Fußballwunder“ oder das „erlösende Tor“. Allein die Sprache verrät, dass Fußball irgendwas mit Religion zu tun hat. Religiöse Elemente beim Fußball sind in den letzten Jahren immer wieder wissenschaftlich untersucht worden: das Gemeinschaftsgefühl im Stadion, die religiöse anmutenden Jubelgesänge oder die gemeinsame Hoffnung und Gesten wie das Falten der Hände vieler Fans beim Elfmeter: So mancher Spieler wird Fußballgott genannt und angehimmelt, ohne dass sich jemand darüber aufregt oder Probleme damit hätte.

Bis zu dem Zeitpunkt, als beim Champions-League-Finale 2012 zwischen Bayern München und dem FC Chelsea der zuständige private Fernsehsender einen kurzen Werbefilm einspielte. Er begann mit „Lieber Fußballgott“ und Bildern jubelnder Bayern- Spieler, gefolgt von Orgelklängen und Stimmen, die wie Mönche klangen. Dann kam ein Gebet: Dein Ball komme, dein Spiel geschehe, unsere Tore gebe uns, und vergib uns unsere Fouls, wie auch wir vergeben unseren Schiedsrichtern. Führe uns nicht ins Abseits, sondern bewahre uns vor Kontern. Denn dein ist das Spiel und der Sieg und die Champions-League in Ewigkeit. Das Gebet endete mit “Auf geht’s” statt mit “Amen”.

Dann hagelte es Kritik: Der Film würde das Spiel mit Religiosität aufladen. Kritisch wurde gesehen, dass dieses Gebet das Vaterunser umformuliert, dadurch werde das wichtigste Gebet zur Ware gemacht und religiöse Gefühle verletzt. Also, ich musste eher schmunzeln, als ich die Zeilen gelesen habe; da bedienen sich Menschen biblischer Texte und formulieren Sie zu ihren Zwecken um. Der Sinn des Vaterunsers ist doch völlig verfremdet und mit substantiellem/christlichem Glauben hat das doch recht wenig zu tun; für mich zeigt es, dass Menschen das Bedürfnis nach Religiosität haben und Rituale rein funktional verwendet werden. Da steckt keine religiöse Substanz dahinter. Also, liebe Fußballfans: Gesegnet sei die kommende Fußballsaison! Amen!