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Hauptsache, es schmeckt

Vor kurzem hat mein Mann Urlaub gemacht. Er war mit drei anderen Männern unterwegs zum Angeln. Sie haben in einem Ferienhaus gewohnt und sich Aufgaben wie Kochen, Tisch decken und Abspülen aufgeteilt.

An einem Abend ruft mich mein Mann an. Er wirkt gereizt, also frage ich ihn, was denn los ist. Er sagt, dass er heute mit Kochen dran ist. Es soll eigentlich Gulasch geben. Sie haben gutes Rind- und Lammfleisch beim Metzger gekauft. Er hatte das Fleisch wohl grade angebraten, als er noch irgendwas erledigen musste. Einer der anderen hat sich dann um das Essen gekümmert. Leider wohl nicht so, wie mein Mann es sich vorgestellt hat…

In einem Ton wie Heinz Becker sagt mein Mann zornig: „Das do ist kää Gulasch. Das is irchendwas, awer kää Gulasch! Im Lääwe ist das kää Gulasch!“

Ich schmunzle erst. Aber nachdem er Zutaten wie Soja-Sauce, Chili und Zitronensaft aufzählt bin ich ganz seiner Meinung. Im Lääwe ist das kää Gulasch. Gulasch geht anders.

Am Tag danach frage ich, wie das Essen geschmeckt hat. „Gut“ sagt er. „Awer das war kää Gulasch.“

Ich weiß ganz genau, was er meint. In seinem und in meinem Kopf ist ein Rezept für Gulasch. Bei uns kommt Fleisch rein, Zwiebeln, Paprika, Rotwein und Rinderbrühe. Ganz basic. Jemand anders hat ein anderes Rezept im Kopf. Andere Mengen oder andere Reihenfolge vielleicht. Die Ergebnisse können unterschiedlich schmecken. Ich finde, das ist ganz gut so. Soll doch jeder Mensch sein Gulasch so kochen, wie es ihm schmeckt!

Ja, gut. Manchmal probieren wir auch was aus und ändern was an den Zutaten oder den Mengen. Oder eine neue Mischung bei den Gewürzen. Immer alles gleich zu kochen, wäre ja auch langweilig.

In meinem Alltag erlebe ich oft, dass Menschen bestimmte Dinge unterschiedlich handhaben. Kochen ist das eine. Was mir aber auch immer wieder begegnet: wie unterschiedlich wir an Gott glauben. Auch beim Glauben hat jeder Mensch doch irgendwie ein eigenes Rezept.

Meine Zutaten sind zum Beispiel kirchliche Lieder singen, ab und zu beten. Ich erzähle meinem Sohn biblische Geschichten und feiere mit anderen gemeinsam Gottesdienste.

Das Ergebnis meiner Zutaten ist, dass mich mein Glaube im Alltag trägt. Mein Glaube ist eine Kraftquelle, auf die ich zugreifen kann und die nichts Extravagantes ist, sondern eben ganz normal zu mir gehört.

Mir ist aber bewusst, dass andere Menschen andere Rezepte für ihren Glauben haben. Manche sprechen jeden Abend vorm Schlafengehen ein Gebet oder lesen jeden Morgen in der Bibel. So macht es meine Oma zum Beispiel. Auch sie wird von ihrem Glauben im Alltag getragen, obwohl sie ein ganz anderes Rezept hat als ich. Ich fürchte mein Rezept für Glauben schmeckt ihr nicht so wirklich. Und ihres ist auch ehrlich gesagt nicht so meins. Aber trotzdem finde ich, dass wir beide das Recht darauf haben, so unterschiedlich zu glauben.

Außer meiner Oma gibt es noch andere Menschen, die mir absprechen, „richtig“ zu glauben. Mir wird gesagt, ich bete nicht genug. Oder dass ich nicht oft genug in die Kirche gehe.

Nein, nicht jedem passt mein Rezept für Glaube. Und das ist okay. Manchmal muss ich ja auch selbst an meinen Zutaten was ändern. Andere Lieder singen, andere Gebetsformen ausprobieren. Oder in einer anderen Bibelübersetzung lesen, anders Gottesdienst feiern.

Es gibt immer was Neues, das ich ausprobieren kann. Und beim Glauben, da lohnt es sich, finde ich. Da gibt es nämlich in meinen Augen weder richtig noch falsch.

Es gibt nicht DAS Rezept zum Glauben. Eben… wie bei Gulasch. Hauptsache, es schmeckt DIR.