Hand vor den Mund
„Halt die Hand vor den Mund, wenn du gähnst!“ Wer ist nicht irgendwann als Kind so angepflaumt worden. Jeder Erwachsene weiß: Beim Gähnen wird die Hand vor den Mund gehalten. Es nicht zu tun – das gilt als unfein.
Aber warum eigentlich?
Vielleicht, weil es früher unfein war, seinem Gegenüber die Zähne zu zeigen? Die könnten ja schief, verfärbt, falsch oder gar nicht mehr da sein. Schlechte Zähne – früher nicht unüblich, sogar bei Königen, heutzutage in unseren Breiten nur noch bei den Ärmsten der Armen so. Ein offener Mund ließ – und lässt – also tief blicken…
Im Mittelalter dachten die Menschen übrigens, der offene Mund eröffne ein reales, tiefes Tor, offen bis auf den Grund der Seele. Dieses Tor sollte verschlossen bleiben: Damit kein böser Geist hineinkommt, haben die einen gesagt. Damit kein böser Geist heraus kommt, meinten die andern. Das glaubt heute niemand mehr – und doch ist die Geste geblieben.
Die Wissenschaft hat bewiesen: Gähnen ist ansteckend. Und herausgefunden: wer sich leicht zum Mitgähnen anstecken lässt, der ist generell ein besonders mitfühlender Mensch.
Das merke ich mir. Und teste mal, wer mit mir gähnt – und wer nicht.