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Händewaschen

„Habt Ihr Euch schon die Hände gewaschen?“ hat meine Mutter immer vor dem Essen gefragt.

Vor fast zweitausend Jahren lag man beim Essen am Tisch. Da gehörte es dazu, vor dem Essen auch die Füße zu waschen. Diese Aufgabe übernahm die rangniedrigste Person im Haus, meist ein Sklave. In der Bibel wird erzählt, dass Jesus seinen Jüngern bei so einer Gelegenheit selbst die Füße wäscht. „Begreift ihr, was ich eben getan habe?“, fragt er sie dann.

Jesus hat als Ranghöchster der Gruppe die niedrigste Tätigkeit übernommen. Ein Jünger, Petrus, will sich erst nicht die Füße von ihm waschen lassen. Er begreift nicht, was Jesus getan hat. Und auch nicht warum. Jesus beantwortet seine Frage selbst:

„Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit ihr tut, was ich getan habe!“

Das Beispiel, von dem er spricht, finde ich sehr mutig und gleichzeitig eine Zumutung: Jesus stellt die soziale Ordnung auf den Kopf und fällt aus seiner Rolle. Er setzt noch eins drauf: Er fordert seine Jünger auf, das Gleiche zu tun. Wie wäre es, überlege ich, wenn der Bundespräsident die Ärmel hochkrempelt und die Toiletten putzt, weil die Putzkolonne kurz vor einem Empfang nicht fertig wird? Unvorstellbar!

Ich selbst überlege, welche Folgen es hat, wenn ich etwas tue, das gar nicht zu meiner Rolle gehört. Es geht nicht darum, anderen die Arbeit wegzunehmen. Es geht aber darum zu merken, was jetzt in dieser Situation dran ist, was die Menschen um mich herum brauchen. Und es dann auch zu tun, egal, ob es zu meiner Rolle oder sozialen Stellung passt oder nicht. So einfach und so schwer.