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Grundvertrauen

Passiert ist ihm nichts. Äußerlich zumindest ist der Junge völlig unversehrt. Aber, so seine Eltern, er habe einen Schock erlitten, sei regelrecht traumatisiert.

Was war passiert? Bei einem Waldspaziergang mit seinen Eltern hatte ein Junge an einem vertrockneten Bäumchen gerüttelt. Ein Ast brach ab, fiel zu Boden, traf ihn aber nicht. Wie gesagt: Traumatisiert sei der Junge halt – sagen die Eltern. Und wollen Schadensersatz von der Forstverwaltung. Diese habe gegen ihre Verkehrssicherungspflicht verstoßen.

Chancen auf Erfolg haben die Eltern mit ihrer Klage natürlich nicht. Der Bundesgerichtshof hat schon 2012 entschieden, dass im Wald nun einmal mit „waldtypischen Gefahren“ zu rechnen sei – und die Klage in einem vergleichbaren Fall abgewiesen.

 

Ich warte auf den Tag, an dem einer seinen Schuster verklagt, weil er über die Schnürsenkel gestolpert ist. Ich finde, wer Schuhe trägt, muss mit „schuhtypischen Gefahren“ rechnen. Oder allgemeiner: Jeder, der lebt, muss halt mit „lebenstypischen Gefahren“ rechnen. Das gehört dazu. Wie er damit umgeht, liegt in der Verantwortung jedes Einzelnen.

 

Wie kommt man nur auf die Idee, in solchen Fällen zu klagen? Ist das nur dreiste Habgier?

 

Ich glaube, in solchen Klagen – oder auch nur entsprechendem Sich-Beklagen – drückt sich ein Mangel an Vertrauen aus. Anders gesagt: Angst. Da fehlt das Grundvertrauen zum Leben. Und dieses Grundvertrauen ist für mich Gottvertrauen. Der Glaube daran, im Leben, im Sterben und im Tod gehalten zu sein.

Selbst dann noch, wenn einem wirklich mal ein Ast auf den Kopf fallen sollte.