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Großzügig macht großzügig

In einer Zeitung habe ich Folgendes gelesen:

Da stößt ein Autofahrer beim Ausparken an das vor ihm stehende Auto. Dummerweise sitzt in diesem auch gerade der Besitzer. Beide steigen aus und begutachten den Schaden. „Is’n Schaden an meiner Stoßstange,“ registriert der zweite. „Tut mir echt leid,“ sagt der erste.

„Sollen wir die Polizei rufen?“ „Nö, Polizei will ich nicht.“ „Sollen wir die Versicherungsdaten austauschen, dass Sie den Schaden begutachten lassen können?“ „Nö, nö.“ „Wollen Sie 50 Euro haben, und Sie lassen den Schaden beheben?“ „Nö, will ich nicht!“ „Was wollen Sie denn?“ „Dass Sie beim nächsten Mal, wenn was ist, auch großzügig sind. Schönen Abend noch!“ Der Mann steigt in sein Auto und fährt davon. Der andere bleibt verdutzt stehen.

Wie das weitergegangen ist, weiß ich nicht. Ist erst vor kurzem passiert. Aber ich könnte mir gut vorstellen, dass der erste Fahrer das nächste Mal, wenn er selbst der Leidtragende ist, auch ein wenig gelassener ist.

Meistens finden wir ja die Fehler, die andere uns antun, schlimmer als das, was wir ihnen antun. Das ist so eine Art angeborener Mechanismus. Der zweite Autofahrer hat das anders gesehen. Statt auf seinem Recht zu beharren, hat er einem anderen etwas vorgelebt, von dem man sich wünschen würde, dass es sich schneeballmäßig verbreitet: Wer Großzügigkeit erlebt – früher sagte man dazu „Gnade“

– ist eher bereit, anderen selbst auch großzügig zu begegnen. Zumindest eher als einer, dem immer nur seine Unfähigkeit und Unvollkommenheit vorgehalten werden. Fehler machen ist menschlich. Einen Fehler verzeihen macht menschlich!