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Glaubwürdigkeit gewinnen

Es ist ein Mega-Deal. Am 24. August 1802, also heute vor 201 Jahren, tritt in Regensburg die Reichsdeputation zusammen. Die Reichsdeputation ist ein mächtiger Ausschuss im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Er verhandelt über Macht und Geld und sehr viel Land. Am Ende werden fünfundvierzigtausend Quadratkilometer Deutschland den Besitzer wechseln. Das ist mehr als Saarland, Rheinland-Pfalz und Hessen zusammen. Darauf leben damals fünf Millionen Menschen.

Wie ist es dazu gekommen?

Frankreich hat durch Kriegserfolge seine Ostgrenze bis an den Rhein verschoben. Der deutsche Kaiser und die Fürsten müssen den Verlust der Gebiete links des Rheins anerkennen. Das fällt ihnen nicht ganz so schwer, weil Napoleon reichliche Entschädigung verspricht: verstaatlichtes Kirchenland. Mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 fallen Bistümer, Abteien und Reichsstädte, dazu Bibliotheken und Kunstschätze unfassbaren Ausmaßes an die deutschen Fürsten. Karrenweise werden Bücher aus den Bibliotheken abgeholt und zu Geld gemacht. Klöster werden zu Pferdeställen. Ein kultureller Kahlschlag und eine beispiellose Enteignung.

Warum erzähle ich davon? Träume ich, all der Reichtum würde heute noch den Kirchen gehören? Nein! Die Zeiten sind vorbei, in denen Land und Menschen einfach so hin und hergeschoben werden konnten, Gott sei Dank. Es ist nicht die Aufgabe einer Kirche, aus Immobilien Einkünfte zu ziehen, sondern Christus zu feiern und den Menschen zu dienen.

Aber über diesen Dienst muss heute geredet werden. Und zwar sachlich. Denn bis heute zahlt Deutschland Geld an die großen Kirchen, das Saarland knapp neunhunderttausend Euro in diesem Jahr. Diese Staatsleistungen wurden vor einhundert Jahren vereinbart, zur Entschädigung. Sie bewirken sicher sehr viel Gutes. Im Grundgesetz steht aber, dass ein Strich unter die Rechnung muss.

Die Enteignung ist nun 200 Jahre her. Angesichts der Dimensionen war ein echter Schadensausgleich seit jeher utopisch. Sich an vergangener Macht zu messen, wäre ohnehin ein Frevel. Vor allem aber: So lange es uns Kirchen nicht gelingt, mit unserem Dienst und damit, wie wir Christus feiern, zu überzeugen, so lange wird die jedes Jahr zum Sommerloch wiederkehrende Berichterstattung über „Steuergeld-Verschwendung an die Kirchen“ diesem Dienst mehr schaden, als dass das Geld ihm nutzt.

So schmerzlich viel gute Arbeit aufgegeben werden muss: Christus feiern und den Menschen dienen – das gelingt einfach glaubwürdiger ohne Einkünfte, deren zweihundert Jahre alte Grundlage nicht mehr vermittelt werden kann.