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„Ich will Ihnen sagen, warum ich mich hier in der Diakonie und der Kirchengemeinde ehrenamtlich engagiere!“ hat mir ein Mann, Mitte vierzig, bei einer Fachtagung berichtet. Er heißt Andreas.

„Als das Geld mal wieder nur für die Wohnung gereicht hat und ich so richtig Hunger hatte, bin ich zur Tafel gegangen. Eigentlich habe ich gedacht, die schicken mich bestimmt weg. Wegen meinem Übergewicht. Aber niemand hat mich deswegen schief angeguckt.“

Damals arbeitete er auf Abruf. Sein Monatseinkommen war mal ausreichend, mal nicht. Die Leistungen vom Jobcenter, auf die er in solchen Monaten Anspruch hatte, mussten berechnet werden und wurden erst zeitverzögert gezahlt. Dann reichte es nicht mal mehr fürs Essen.

Dass er so vorbehaltlos geholfen bekommen hat, als er ganz am Boden war, hat ihn tief beeindruckt.

„Die Lebensmittel waren überlebenswichtig, aber was mir genauso geholfen hat, war, dass die Leute hier so freundlich zu mir waren. Niemand hat mich von oben herab behandelt. Die haben mich einfach als Mensch gesehen und geholfen. Da wollte ich anderen genauso helfen, wie sie mir geholfen haben. Das ist jetzt fast zehn Jahre her. Seitdem bin ich dabei.“

Sein Bericht hat mich beeindruckt. Und ich musste an die Geschichte von Hagar denken, die in der Bibel erzählt wird. Hagar ist eine Sklavin, der in tiefster Verzweiflung ein Engel erscheint.

„Du bist ein Gott der mich sieht!“ sagt Hagar daraufhin.

Für Andreas waren die Ehrenamtlichen in der Tafel und der Kirchengemeinde die Engel, durch die er sich als Mensch gesehen fühlte.