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Gelassenheit

Vor einigen Wochen sollte es auf Urlaubsreise gehen. Lange vorher wurde bei der Bahn ein „Sparpreis“ gekauft und die Platzreservierung für den ICE besorgt. Alles war vorbereitet. Nur dann – kam der Zug nicht. Von Terror und Bombe war etwas zu hören. Irgendwann rumpelte ein überfüllter Ersatzzug heran. Reservierung und Anschluss hatten sich erledigt. „Das ist ja wie im Krieg“,  meinte ein Leidensgenosse, nur halb witzig.

Was war geschehen? Mehrere Stationen vorher hatten ein paar Flüchtlinge den ICE bestiegen. Um das Fahrgeld zu sparen und der Kontrolle zu entgehen, sperrten sie sich zu viert in der Toilette ein. Wirklich klug war das nicht. Wachsame Mitreisende hatten nämlich ihr Verschwinden im Klo beobachtet. Und im Gang waren ihre schmuddeligen Rucksäcke liegen geblieben. Schnell griff unter den Fahrgästen Alarmstimmung um sich. Was, wenn in einem der Rucksäcke eine Bombe wäre…? Das Bahnpersonal konnte gar nicht anders, als den Zug stoppen und ein Spezialkommando der Polizei rufen. Die Flüchtlinge wurden festgenommen. Und die Fahrt des ICE war zu Ende.

Klar ist: Die Flüchtlinge haben sich nicht korrekt verhalten. Klar ist für mich aber auch, dass diese Geschichte von Hysterie zeugt. Tatsächlich war nichts passiert, das ernsthaft gefährlich war oder auch nur so aussah. Arme Schlucker, die Fahrgeld sparen wollen, hat es immer gegeben. Und herumstehendes Gepäck ist in einem Reisezug das Normalste der Welt. Immer, wenn ein Passagier in den Speisewagen oder auf die Toilette geht, bleibt sein Gepäck zurück. Wenn das Bombenalarm auslöst, geht eine Gesellschaft nervlich auf dem Zahnfleisch.

Terroristen setzen auf schwache Nerven. In diesem Fall erzielten sie einen Erfolg, ohne überhaupt irgendetwas investiert zu haben. Wenn bei ganz Alltäglichem Terroralarm ausbricht,  zerbröselt die Grundlage des freien Zusammenlebens. Diese Grundlage heißt Vertrauen und Gelassenheit. Vielleicht lehrt uns der Advent in vermeintlichen Krisenzeiten, wie man wieder gelassen wird. Advent bedeutet für Christen: Unsere Zeit ist umschlossen von Gottes Zukunft. Hinter allem, was geschieht, steht eine gute Absicht, auch wenn uns manche Sorge umtreibt. Der Advent ermutigt, einen klaren Kopf zu behalten. Und dazu, im Streit um die Freiheit nicht vorab entnervt die Waffen zu strecken.