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Gebetswechsel

Ich bin regelmäßig im Pflegeheim und Besuche die Menschen, die dort leben.

Eine alte Dame hat mich besonders beeindruckt. Sie konnte sich immer selbst versorgen und brauchte nur wenig Hilfe der nahelebenden Familie. Selbst noch mit über 90 Jahren hat sie ihre Wäsche gewaschen und sich täglich gekocht. Dann war plötzlich alles anders. Innerhalb weniger Wochen ging das Bewegen immer schlechter und manches hat sie einfach nicht mehr geschafft.

Ihr Leben lang war es ihr wichtig gewesen frei und unabhängig zu sein. Das zu tun und zu lassen, was sie möchte. Das war mit einem Schlag vorbei. Hilfe beim Anziehen, Unterstützung beim Duschen. Pflegeheim, ihre Horrorvorstellung. Der Ort, an dem sie niemals sein wollte.

„Ich halte das nicht aus“ sagt sie mir, als ich sie das erste Mal treffe. „Ich bete dafür, dass ich einfach gehen darf.“ Lieber sterben, als so zu leben, sagt sie.

Doch es steht nicht in ihrer Macht, diese Entscheidung. Und wenn sie sich auch am Anfang noch sehr gewehrt hat gegen ihr neues Zuhause, so wurden die Gespräche mit ihr doch von Woche zu Woche anders. Sie erzählte von ihren Mitbewohnerinnen und was sie erleben und sie lacht auch mal, über die anderen, aber auch über sich selbst. Sie lebt und bei unserem letzten Treffen sagte sie: „Ich kann Gott jetzt hin und wieder auch mal danke sagen.“