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Frühlingserwachen

Gott sei Dank bricht sich der Frühling gerade Bahn. Kleine Temperaturrückschläge hin oder her: Die Sonne hat richtig Kraft, der Himmel ist blau und die Seele kann nach den langen und grauen Wochen des Winters endlich wieder aufatmen. Ja, mir tut es einfach unfassbar gut, diese Lebendigkeit einzuatmen. Selbst Durchzuatmen. Und diesen Sieg des Lebens ganz bewusst wahrzunehmen.

„Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden, belebenden Blick – im Tale grünet Hoffnungsglück“, so hat es der alte Goethe in seinem Osterspaziergang gedichtet. Und auch in unserem Revier fehlt es mittlerweile weder an Blumen noch an geputzten Menschen. Bei meinem eigenen Osterspaziergang, da konnte ich mich gar nicht satt sehen an all den Wundern der Natur und des Lebens.

Überall blüht es in atemberaubenden Farben. Kinder lachen und spielen Fangen oder erkunden die Welt und schließen auf Spielplätzen Freundschaften fürs Leben – und sei es nur für den einen Nachmittag.  Die Menschen kommen endlich wieder zusammen, es wird gegrillt, man singt und erzählt und genießt gemeinsam den Aufbruch in die warme Jahreszeit. „Zufrieden jauchzet Groß und Klein. Hier bin ich Mensch, hier darf ich‘s sein.“

Und das alles, obwohl das Weltgeschehen selbst ja eigentlich gerade wenig Grund zum Aufatmen und Jauchzen gibt. Der Krieg in der Ukraine. Die Katastrophe im Nahen Osten. Anschläge und Schießereien. Politische Wahlen mit unfassbaren Ausgängen. Und auch in unserem medialen Diskurs klingt Aufrüstung plötzlich wieder nach einer guten Idee – auch wenn das Wort „Atomwaffen“ nach meinem Geschmack in letzter Zeit vielleicht zu oft fällt. Und ob nun die warme Frühjahrssonne eigentlich nur an der globalen Klimakatastrophe hängt oder nicht – das muss die Fachwelt wohl noch diskutieren.

Wann ist die Welt eigentlich so kompliziert geworden? In meiner Erinnerung war früher alles leichter. Nicht unbedingt besser, aber zumindest einfacher. Auch wenn ich gar nicht so genau weiß, wann dieses „Früher“ eigentlich gewesen sein soll.

Ach, was würde ich mich über den Einen freuen, der weiß, wie man all die Irrungen und Wirrungen unserer Welt wieder in Ordnung bringen könnte. Der die einfachen Antworten auf all die komplizierten Fragen hat – und sie mit verständlichen Worten auch mir erklären kann. Aber bei all denen, die das gerade von sich behaupten, hab‘ ich so meine Zweifel.

Die Welt verändert sich gerade – und das in einem atemberaubenden Tempo, das ich nicht für möglich gehalten hätte. Und dabei sorgen die Zukunftsaussichten bei mir eher für Sorgenfalten, als für Vorfreude.

Aber Gott sei Dank bricht sich zumindest der Frühling gerade Bahn. Kleine Temperaturrückschläge hin oder her. Und wenn ich bei meinem Osterspaziergang so durch den Wald laufe und all die Farben und die Menschen sehe, dann kann ich das Lächeln gar nicht unterdrücken. Und trotz aller Sorgen auch die Hoffnung nicht. Ja, mir tut es einfach unfassbar gut, diese Lebendigkeit einzuatmen. Selbst Durchzuatmen. Und diesen Sieg des Lebens ganz bewusst wahrzunehmen.

Denn egal wie lang und grau der Winter auch sein mag:  Das Frühjahr kommt. Und das Leben gewinnt.  Nicht nur in der Natur. Sondern auch in der Welt. Das Leben findet immer einen Weg. Und wer auf seinem Spaziergang durch das Leben ganz genau hinsieht, der kann jetzt schon die ersten Blüten nach dem Winter in seinem Leben entdecken.