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Friedliches Kind

Friede auf Erden! Seit über drei Wochen schon hallt die Botschaft der Engel in Marias Ohren nach. Was für ein Unsinn, denkt sie. Friede auf Erden! Nicht mal ansatzweise kann sie davon etwas spüren. Überall im Land regiert die Gewalt, es gilt das Recht des Stärkeren. Friede auf Erden! Dass ich nicht lache, denkt Maria. Wer sagt denn eigentlich, dass nicht auch Engel sich mal irren können? Doch Maria kommt ins Grübeln. Sie hat ja selbst schon mal einem Engel gegenüber gestanden, erinnert sie sich. Der Himmelsbote hat ihr damals die Geburt ihres Kindes vorhergesagt. Und Maria hatte ähnlich reagiert wie jetzt. „Das kann nicht sein,“ hatte sie dem Engel geantwortet.

Heute weiß sie: Der Engel hat recht behalten. Vor ihr liegt Jesus in seinem Bettchen und schlummert vor sich hin. Als könne ihm kein Soldat und keine Gewalt etwas anhaben. Krieg, Rücksichtslosigkeit, Ausbeutung und Misshandlung von anderen – als sei das alles nicht das Ende vom Lied. Als könne daran wirklich etwas geändert werden. Es ist ein so friedliches Bild, Jesus in seinem Bettchen, denkt Maria. Und wie sie ihren Sohn so daliegen sieht, da kommen Maria Zweifel. Zweifel an ihren Zweifeln.

Maria steht auf. Sie tritt vor die Tür, sieht nach oben zum Himmel, und fühlt, wie sie etwas von innen wärmt. Der Anblick des selig schlafenden Kindes schenkt Maria eine Ahnung von dem, was die Engel versprochen haben: Friede auf Erden! Und plötzlich ist da etwas, das ihr zuvor gefehlt hat und dass sie nun im Inneren vor der Kälte beschützt: Maria hat Hoffnung.