Freu dich, Tochter
Ich mag dieses Lied einfach: „Tochter Zion, freue dich!“ Ein Lied zum Schmettern und ansteckender Freude. Die Musik ist ursprünglich von Georg Friedrich Händel und wurde im neunzehnten Jahrhundert von Friedrich Heinrich Ranke zu einem deutschen bekannten Weihnachtslied. Beliebt ist es bis heute, und wird von vielen Menschen gern gesungen.
Es ist für mich, die ich selbst Tochter bin, wie eine Aufforderung, mich zu freuen. Als Jugendliche habe ich beim Singen wirklich gedacht, das Lied sei für mich gemacht.
Tochter Zion freue dich, siehe, dein König kommt zu dir, so heißt es im Lied. „Tochter Zion“ – das steht im Lied steht symbolisch für die Stadt Jerusalem. Eine Tochter, die deutlich mehr historische wie aktuelle Bedeutung hat als ich. Und doch verbindet mich mit der Tochter, der Stadt Jerusalem, dass ein oder andere: Die Zerrissenheit zwischen Anspruch und Wirklichkeit im Leben und Handeln, eine konfliktgeladene Umgebung, fehlende Toleranz von Andersdenkenden.
Aber jetzt ist Advent. Ich darf einfach singen und mich freuen. Freude ist ansteckend. Ein Mensch, der sich freut, strahlt Glück aus und gibt etwas davon weiter. Warum eigentlich freuen im Advent? Es liegt etwas in der Luft. Ganz konkret: Gänsebraten- und Plätzchenduft. Aber noch mehr: vielleicht gibt es doch die Lösung, sogar Erlösung einer individuellen Frage oder vielleicht auch von etwas ganz Großem: den Menschen auf Erden, Frieden und Wohlergehen.
Letzte Woche sagt ein Bekannter zu mir: „Ich fühle mich so leer. Ich empfinde gar nichts mehr, wenn ich an Weihnachten denke. Ich würde mich so gerne nochmal darauf freuen.“
Ich kann meine Freude nicht auf ihn übertragen. Aber wir reden über unsere Hoffnung und Erwartung rund um das kommende Christfest. Ich schwärme richtig und er sagt: „Wie gut, dass es Leute von der Kirche wie dich gibt, die noch Hoffnung haben.“
Freude kommt von Hoffnung, von einer inneren, positiven Haltung. So eine Haltung lebt Tom Neuwirth, bekannt als Drag-Queen Conchita Wurst. Zu der von ihm radikal gelebten Freundlichkeit gäbe es für ihn keine Alternative. Er sagt: „Wenn du das lebst, kommt es zu einer Kettenreaktion positiver Begegnungen.“
Ja klar, klingt einfach, klingt naiv. Aber schadet es? Nein. Meine Hoffnungsbotinnen und Lichtgestalten der biblischen Adventsgeschichten sind auch solche Leute:
· Eine viel zu junge Maria, die für Gott neun Monate zur Hoffnungsträgerin wird;
· ein alter Zacharias, der Gott glaubt, dass das Wunder der späten Vaterschaft geschieht;
· ein paar Intellektuelle, die die Lage am Sternenhimmel mit Wissen und Bauchgefühl richtig deuten;
· die Hirten, die alle Kanäle aufmachen, Ohren, Augen, Herzen, um Jesus zu treffen.
Alles Menschen. Menschen, die sich bewegen lassen, sich freuen, etwas erwarten und dann diese Freude weitergeben.
Tochter Zion freue dich, jauchze laut. Denn siehe, dein König kommt zu dir.