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Fasten im Kopf

Zu Beginn der Fastenzeit trafen sich vor genau 500 Jahren in Zürich ein paar fromme Männer zum Abendessen. Es gab geräucherte Wurst. Lecker, werden Sie vielleicht sagen. Aber darum ging es den Männern nicht. Sie waren alle evangelisch und aßen die Wurst als bewussten Verstoß gegen die katholischen Fastengebote: Um ihre „evangelische Freiheit“ zu demonstrieren. Aus heutiger Sicht wirkt das eher skurril, ist aber ein wichtiges Ereignis der Kirchengeschichte und hat das evangelische Selbstverständnis nachhaltig geprägt. Nicht nur in der Schweiz.

Auch ich wurde noch so erzogen: Als evangelischer Christ fastet man nicht.

Das stimmt schon lange nicht mehr. Rund drei Millionen Menschen nehmen jährlich an der evangelischen Fastenaktion „7 Wochen ohne…“ teil. Dabei geht es weniger darum, auf Fleisch und Genussmittel zu verzichten. Vielmehr geht es um ein „Fasten im Kopf“. Darum, Einstellungen und Gewohnheiten zu überprüfen und gegebenenfalls darauf zu verzichten. Zwei Beispiele aus den letzten Jahren: „Verschwendung – 7 Wochen ohne Geiz“. Oder: „Mal ehrlich! – 7 Wochen ohne Lügen“.

Gar nicht so einfach, auf alte Gewohnheiten und Einstellungen zu verzichten; vor allem auf die schlechten Gewohnheiten und schwierigen Einstellungen. Man muss sie bewusst ablegen, abstreifen wie Fesseln, um frei von ihnen zu werden. Nicht der Verzicht aufs Verzichten ist Ausdruck von Freiheit. Vielmehr wird im Verzichten Freiheit neu gewonnen. Darin liegt die große Chance von „7 Wochen ohne“.

In diesem Jahr heißt die Aktion übrigens: „Üben! – 7 Wochen ohne Stillstand“. Aber davon erzähle ich Ihnen morgen.