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Einen Polizisten umarmt

Für die Franzosen ist er sowas wie Udo Lindenberg, Herbert Grönemeyer, Marius Müller-Westernhagen und Konstantin Wecker in einer Person: der Sänger Renaud. Eine Ikone der Rockmusik, politisch, moralisch, fehlbar, aber gerade dafür vom Publikum geliebt. Im katholischen Frankreich zeichnet sich Renaud noch durch etwas anderes aus: Er ist evangelisch, tief geprägt von seinem protestantischen Elternhaus. Er sei stolz, Protestant zu sein, hat er einmal gesagt. „Das gibt mir das vage Gefühl, einer unterdrückten Minderheit anzugehören. Ich praktiziere nicht, aber ich fühle mich wie ein Komplize“.

Gerade ist der 64-Jährige wieder auf Tour durch Frankreich. Doch dies ist eine besondere Tournee, denn Renaud war die letzten Jahre in einem tiefen Sumpf aus Alkohol und Depression versunken. Herausgerissen hat ihn das Attentat auf die Redaktion des „Charlie Hebdo“ vor zwei Jahren. Freunde von Renaud sind dabei gestorben. Seitdem hat er sich ins Leben zurückgekämpft, erhebt seine Stimme wieder gegen Fanatismus und Unfreiheit. Wie sehr ihn das aktuelle Geschehen in Frankreich umtreibt, spürt man in Liedern wie „J´ai embrassé un flic – Ich habe einen Polizisten umarmt.“ Da beschreibt Renaud, wie Protestanten, Katholiken, Moslems, Juden und andere nach den Pariser Terroranschlägen 2015 gemeinsam gegen Gewalt und religiösen Fanatismus demonstriert haben. Unter den wachsamen, wohlwollenden Blicken Tausender Polizisten. Und wie merkwürdig es sich für ihn als alten Anarchisten angefühlt hat, sich den Polizisten so verbunden zu fühlen.

Solidarität und Freundschaft, sie sind Renaud wichtig. Und dafür lieben ihn seine Fans heute wie vor vierzig Jahren.