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„Eine gebrochene Existenz ist nicht scheinheilig“

Scheinheilgkeit! Das ist wohl einer der schlimmsten Vorwürfe, die man einem gläubigen Menschen machen kann. Wenn wir einem Anderen „Scheinheiligkeit“ vorwerfen, dann unterstellen wir ihm: Du missbrauchst den Glauben bewusst!  Du täuschst etwas vor, was du nicht bist. Kurz: Du bist gar nicht so fromm, wie Du tust!

„In den Gottesdienst gehen und auf dem Rückweg das Gemüse aus dem Garten des Nachbarn stehlen!“- Das ist Scheinheiligkeit pur, sagt der Volksmund. Keine Frage, diese Art von bewusster Irreführung ist „schein-heilig“, täuscht sozusagen den sprichwörtlichen Heiligen-Schein nur vor.

Aber was ist, wenn diese Täuschung gar nicht absichtlich geschieht? Wenn es jemandem so geht wie dem Apostel Paulus? Der schreibt im Neuen Testament: „Das Gute, das ich will, das tue ich nicht; aber das Böse, das ich nicht will, das tue ich.“ Es ist die Erkenntnis der eigenen „gebrochenen Existenz.“ Die Tatsache, dass ich Schaden anrichte, also das Falsche tue, obwohl ich es doch gar nicht will! „Willen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht“ schreibt Paulus. Da geht es also nicht um das Vorspiegeln falscher Tatsachen wie bei der Scheinheiligkeit, sondern um das Erschrecken darüber, dass ich nicht so „ gut“ bin, wie ich es von mir erwarte – gerade als gläubiger Mensch.

Wie komme ich dann aus dieser Nummer wieder raus? Ich denke, es ist wichtig, sich von falschen Ansprüchen zu befreien. An andere aber auch an sich selbst. Auf Gott vertrauen heißt gerade nicht, perfekt sein zu müssen. Sondern: Sich mit allen Fehlern von Gott angenommen wissen! Ob ich vor Gott bestehen kann – das hängt gerade nicht von davon ab, ob ich vollkommen und perfekt bin; sondern davon, dass Gott mir seine vollkommene Liebe verspricht. Er ist es, der mich sozusagen zum Heiligen macht.

Klar: Das darf keine „faule Ausrede“ sein für jedes Verhalten und sei es noch so böse. So nach dem Motto: Ist ja egal, wie ich bin und was ich tue…ich bin halt auch nur ein Mensch… Gott muss mich ja lieben, das ist schließlich seine ureigene Aufgabe!

Aber die Brüche im eigenen Leben – zumindest vor Gott- zugeben – das kann entlastend sein!

Und vielleicht auch der erste Schritt in ein neues Leben. Ohne allzuviel „Schein.“ Aber sicher mit sehr viel „Heiligkeit.“