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Ein Stern, der weiterleuchtet

Die Weisen sind gegangen.

Der Schall verklang, der Schein verging.

Der Alltag hat in jedem Ding nun wieder angefangen.

Der Wanderstern verglühte, kein Engel spricht, kein Schäfer rennt,

und niemand beugt sich und erkennt die Größe und die Güte.

Wie lässt sich das vereinen: der Stern war da, der Engel rief,

der Weise mit den Hirten lief und kniete vor dem Kleinen?

Auch sie sind nicht geblieben, die beiden mit dem kleinen Kind.

Ob sie schon an der Grenze sind, geflüchtet und vertrieben?

Was soll ich weiter fragen. Ich habe manches mitgemacht-

Wem trau ich mehr: der einen Nacht oder den vielen Tagen?

Es ist diese eine Frage im Gedicht von Gerhard Valentin, die mich am Beginn dieses neuen Jahres beschäftigt: Wem trau ich eigentlich? Verlasse ich mich wirklich auf diesen menschgewordenen Gott unter uns oder ist Weihnachten einfach nur das alljährlich wiederkehrende Familienfest?

Für mich persönlich ist dies Gedicht von den Weisen wie ein Hinweis, das Wunder der Weihnacht doch in meinen Alltag mitzunehmen, anstatt es mit den Krippenfiguren wegzuräumen. Gibt es etwas, was Sie von Ihren Weihnachtserfahrungen ins neue Jahr hinüberretten konnten? Wenn ja, möge es Sie im Hoffen bestärken. Hoffnung ist für mich die Kraft, die Gott uns an Weihnachten mitgeben will: nichts ist vergebens, nichts zu unwichtig für Gottes große Güte: Schließlich ist er im Stall als kleines wehrloses Kind zur Welt gekommen. Das ist ein starkes Bild der Hoffnung gerade für unsere Zeit, wo schon Kindsein unter Corona-Bedingungen oder mit Flucht aus Krieg und Terror oder im Hunger afrikanischer Wüste nicht einfach ist.

Das, was ich von Weihnachten – oder genauer schon aus der Adventszeit – mitnehme in dieses Jahr ist etwas, das ich auf einem Spaziergang erlebt habe: Da habe ich eines Abends durch ein Fenster den voll geschmückten Tannenbaum aus dem Wohnzimmer von Bekannten leuchten gesehen und ich hab gedacht:  Hm, bisschen früh für so viel Weihnachtsbeleuchtung. Weiter kam ich aber nicht, denn es öffnete sich die Haustür und die Bekannte rief mir zu: „Wir haben Dich gerade gesehen. Komm, komm, wir müssen Dir, wir wollen Dir…. Ach, komm einfach mal rein!“ Und so ging ich – viel zu früh, wie ich dachte- in Richtung dieses Weihnachtsleuchtens am Tannenbaum, in Richtung geschmückter, beleuchteter Familientanne. Aber als ich das Wohnzimmer betreten habe, da traute ich meinen Augen kaum: Da saß die Tochter der Familie neben ihren Brüdern und sagte strahlend.: „Hallo, guck mal, ich hab mir das so gewünscht – der Baum sollte geschmückt sein, wenn ich nach sechs Monaten Krankenhaus und Krebsbehandlung endlich einmal heim darf. Am Montag muss ich ja wieder hin, es kommen noch über sechzig Bestrahlungen.“

Wem trau ich mehr- der einen Nacht oder den vielen Tagen? Völlig erstaunt habe ich alle im Wohnzimmer begrüßt und mir liefen die Tränen im vorweihnachtlichen Glanz die Wangen herunter: Wie lang hatte sie hier nicht mehr sein können! Wie wunderbar für diese Familie, dass alles Kämpfen und Ringen der letzten Wochen und Monate jetzt belohnt wurde. Stimmt dachte ich, als ich wieder hinaus in den Abend getreten bin, die Hoffnung leuchtet seit der Weihnacht in jeden Tag des neuen Jahres, wenn ich ihrem Schein traue.

Wem trau ich mehr: der einen Nacht oder den vielen Tagen?

Sie haben die Wahl: Gott bietet ihnen das Hoffnungsleuchten seiner Menschwerdung für jeden Alltagsmoment an, für jeden Augenblick der Erschütterung und des Zweifels. Probieren Sie es einmal aus, ob der Schein innerlich doch nicht vergangen ist und weiterhin Ihren Weg erhellen kann: Schließlich lässt sich das Leuchten jeder noch so kleinen Hoffnung an jedem Tag dieses gerade begonnen Jahres schüren: Gott hatte sich unser Dunkel für sein Licht ausgesucht!