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… ein Apfelbäumchen pflanzen

Sie zogen durch die Städte des Mittelalters. Geißler, Büßer, Flagellanten wurden sie genannt. Wehklagend und vor allem indem sie sich selbst auspeitschten, büßten sie für ihre Sünden. Sie taten das, überzeugt, nur so den drohenden Weltuntergang abwenden zu können. Flagellanten for future.

Wie in einem Spiegel hielten sie sich und allen Menschen die Verfehlungen vor. Für die kirchlichen und weltlichen Machthaber waren sie wie ein Stachel im Fleisch.

Papst Clemens VI hat sie dann auch verboten. Das war vor 670 Jahren. Doch es gibt sie noch immer.

„How dare you…“, „wie könnt ihr es wagen…“ schleuderte Greta Thunberg den Staatenlenkern bei der Vollversammlung der Vereinten Nationen vor wenigen Wochen ein ums andere Mal entgegen. „Mehr als 30 Jahre waren die Zeichen für jeden sichtbar. Wie könnt ihr es wagen, weiterhin wegzuschauen und hierherzukommen und weiter zu sagen, ihr würdet genug tun.“

So weit, so richtig. Alles in allem jedenfalls.

Und doch markiert diese Rede einen Wandel bei Fridays for future. In den lauten, berechtigten und dringend nötigen Protest mischt sich Wehklagen. Die Klimadiskussion droht in die Klimadepression abzudriften. Weltuntergangsstimmung macht sich breit. Bei Extinction Rebellion, der zweiten großen Bewegung von Klimaaktivisten, gehört der Weltuntergang zum Markenkern. Die Folge könnte sein, dass die einen resignieren und die anderen sich radikalisieren werden.

Wir brauchen aber keine resignierten jungen Menschen und auch keine radikalisierten. Wir brauchen Menschen, die aus Hoffnung handeln.

„Und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“ Der starke Satz Martin Luthers bringt’s auf den Punkt. Tun, was zu tun ist. Und darauf vertrauen, dass das Tun des Guten, auch zum Guten führt. Und das alles in der Gewissheit, dass die Welt so oder so nicht aus Gottes Hand fällt.