Beiträge

Du salbest mein Haupt mit Öl

Mit einer heißen Tasse Tee in eine warme, weiche Decke gekuschelt – so sitze ich am liebsten auf meinem Sofa. Jetzt, im Herbst. Die Bäume haben ihre Blätterpracht abgelegt, die Sonne wärmt nicht mehr, der Himmel Wolken verhangen. Es ist eine gute Zeit, denke ich, um mich wieder auf das Wesentliche zu besinnen und achtsam mit mir umzugehen. Mag es draußen auch kalt und nass sein – auf meinem Sofa ist es gemütlich. Da nehme ich mir Zeit für mich.

Meine Gedanken gehen den vergangenen Tag entlang, wandern das Jahr zurück: War es schön, war es schwer? Die sonnigen, heiteren Tage haben mir Mut geschenkt und Freude gemacht. Von den lichten Tagen will ich auch jetzt noch etwas haben. Dann, wenn die Gedanken an die schweren Tage kommen und sie in mir Raum greifen wollen. Da gab es einen schmerzlichen Abschied. Ich musste Liebgewordenes loslassen. Während ich so auf dem Sofa sitze, kommen mir tröstliche und ermutigende Worte aus dem 23. Psalm in den Sinn: Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal fürchte ich kein Unglück.

Trotz schwerer Lebenserfahrungen Gott nicht aus den Augen verlieren und trotzdem oder gerade wegen bedrückender Situationen Gott zu loben – darin waren die Psalmbeter sehr gut. Ich frage mich: Woher kommt diese Einstellung im Innersten der Seele, die mir hilft die Perspektive zu wechseln? Alle Psalmbeter haben eins gemeinsam: Sie suchen ein Gegenüber und finden dies in Gott.So gehen sie achtsam mit sich um, besonders, wenn sie schmerzliche Gedanken überkommen. Der Beter des 23. Psalmes sagt dies in einem weiteren, wunderschönen zeitlosen Bild: Du salbst mein Haupt mit Öl und schenkst mir voll ein! Die Salbung ist ein Zeichen der Ehr-Erweisung, ein Zeichen der Würde und der liebevollen Zuwendung. Sie ist die behutsame, liebevolle Berührung meiner Seele und meines Körpers gegen den grauen Herbst.

Ich fühle mich zum Beispiel gesalbt durch ein ermutigendes Wort, einen freundlichen Blick, eine nette Aufmerksamkeit, ein gutes Essen. Und auch durch eine Tasse heißen Tee und eine kuschelige Decke auf meinem Sofa. Das alles sagt mir: Gott ist bei mir. Er lässt mich nicht allein!