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Du bist wunderbar

Sie heißt Kavita. Wenn sie lacht, leuchten ihre dunklen Augen und machen ihrem Namen alle Ehre. Kavita ist Hindi und bedeutet „das Gedicht“. Viele Mädchen in Indien heißen so.

Kavita ist vierzehn. Sie wohnt mit ihren Eltern in einem kleinen Dorf 150 Kilometer von Mumbai entfernt. Sie geht zur Schule, möchte später mal Ingenieurin werden. Eine Tochter, auf die die Eltern stolz sein können. Sollte man meinen.
Aber Kavitas Eltern sind nicht stolz. Sie wollten diese Tochter nicht. Genauso wie die anderen drei, die sie schon haben. Das ist in vielen Familien in Indien so: Sie wollen Söhne – Töchter kosten nur Geld. Kavita hat deshalb den Namen, den ihre Eltern ihr ursprünglich gegeben haben, abgelegt. Nakusa hatten sie sie genannt. Die Ungewollte. Ein Name, der wie ein Fluch auf ihrem Leben liegt.

Ich denke an Kavita. An die vielen anderen Kinder dieser Welt – Mädchen und auch Jungen –  die niemand will. Kinder, die schon früh spüren: Ich bin nicht gewollt. Wenn die Seele so früh angekratzt wird, dann bleiben Narben. Auch wenn man irgendwann erwachsen ist.
In Psalm 139 heißt es: „Ich danke dir dafür, dass ich so wunderbar geschaffen bin!“ Ich bin wunderbar! Das höre ich ganz selten von mir selbst. Und ich frage mich: Warum eigentlich? Gott hat mich wunderbar gemacht. Er hat das echt gut hingekriegt mit mir.

Probieren Sie es doch einfach mal aus. Vor dem Spiegel. Im neuen Lieblingskleid oder dem schicken Hemd. Vor dem Zähneputzen, mit strubbeligen Haaren. Oder zur Kollegin, die Ihnen einen Kaffee mitbringt. Zum Postboten, zur freundlichen Kassiererin. Du bist wunderbar! Drei kleine Wörter, die alles verändern – und aus einer Nakusa eine Kavita machen.