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Die Wand streicht mich / Martinstag

Als Gemeinde unterstützen wir ein Kinderdorf in Rumänien. Dort werden 28 Kinder betreut, die von ihren Eltern verlassen wurden, oder deren Eltern nicht in der Lage sind, sich selbst um die Kinder zu kümmern. Helfen tun wir nicht nur mit Geld, sondern auch mit ganz praktischer Hilfe. Schon beim Bau der Häuser waren Mitarbeiter aus unserer Gemeinde dabei und seitdem fahren wir immer wieder mit Teams nach Rumänien, um Häuser zu renovieren und zu reparieren, was gerade ansteht. In den ersten Jahren waren die Kinder vor Ort nur Zuschauer.

Inzwischen sind einige von ihnen jedoch in einem Alter, in dem sie gerne helfen wollen. Und so habe ich einem der Jungs mal einen kleinen Eimer Farbe und einen Pinsel in die Hand gedrückt und ihm gezeigt, wie man einen Sockel streicht. Nach einer halben Stunde habe ich nachgesehen, ob er zurechtkommt. Dabei habe ich festgestellt, dass nicht nur der Sockel, sondern auch der Junge ordentlich gestrichen war. „Sorin, du sollst doch die Wand streichen und nicht dich selbst“, habe ich lachend gesagt. Darauf bekam ich die  Antwort:„Ich streiche ja die Wand, aber die Wand streicht mich!“

Diese Antwort geht mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf! „Ich streiche die Wand, aber die Wand streicht mich!“ Da tue ich etwas und es macht auch etwas mit mir! Ganz egal, ob das nun negative oder positive Dinge sind. Wenn ich mich über jemanden ärgere und ihn anschnauze, gehe ich mit Wut im Bauch weg. Wenn ich jemandem helfe und es geht ihm danach besser, dann bin auch ich fröhlicher. Ich streiche die Wand, aber die Wand streicht mich!  Es ist sicher gut für eine Gemeinde, im Gottesdienst für ein Kinderdorf Geld in eine Kollekte zu tun. Aber wenn man mal vor Ort war und die Kinder erlebt hat, spürt man, was praktische Liebe bewirken kann. Wenn wir die Entwicklung dieser Kinder sehen und sie uns von ihren Zukunftsträumen erzählen, macht das etwas mit uns.

So gesehen sind wir tatsächlich auch immer etwas angestrichen, wenn wir mit unserem Team aus Rumänien zurückfahren.