Beiträge

Die Sommerkapelle,- oder: wer heilt unsere Wunden?

Ein schlichter Backsteinbau. Weiß getüncht. Frisch renoviert. Statt eines Kirchturms lediglich ein kleiner Dachreiter.  So sieht sie aus, die kleine Kirche in einem beschaulichen Seebad an der Küste Flanderns. „Sommerkapelle“ heißt das Gotteshaus auf deutsch. Es  steht auf einem kleinen Dünenhügel direkt an der Hauptstraße, die geradewegs zum Meer führt.

Eine Hinweistafel informiert über die Geschichte der kleinen Kapelle: Sie wurde auf ausdrücklichen Wunsch und Initiative der Feriengäste, die den Sommer an der Küste verbrachten, erbaut. Die Touristen wollten unbedingt  ein Gotteshaus in ihrer unmittelbaren Nähe! -1927 wurde die Kapelle eingeweiht.

1927,- also nur knapp 10 Jahre nach Ende des ersten Weltkrieges! Dessen Wunden waren damals sicher noch nicht verheilt. Und dennoch! Oder gerade deswegen? Die Menschen wollten, brauchten „ihre“ Kirche. Das war ihnen wichtig! Nicht irgendwo sollte Gottesdienst gefeiert werden, sondern ganz nahe.

Heute ist der Trend eher umgekehrt. Da wird über den Rückbau der Kirche diskutiert. Gebäude werden verkauft. Gottesdiensträume stillgelegt. Gemeinden müssen sich zusammenschließen, alle Kräfte bündeln, um zu überleben. Es sieht manchmal  so aus, als ob die Menschen die Kirche vor Ort  nicht mehr bräuchten.

Sind heute, über 70 Jahre nach dem Ende des letzten Weltkriegs alle Wunden verheilt? Sicher nicht. Und neue sind dazugekommen. Aber vielleicht brauchen wir zur Versorgung der neuen und  aktuellen Wunden Gott nicht mehr? Suchen wir anderswo Heilung und  Heil?

Vielleicht im beruflichen Erfolg? Im Sport? Im Urlaub? – Apropos: Mein letzter Urlaub in Flandern hat mich jedenfalls sehr bewegt und nachdenklich gemacht. Wegen der Geschichte der Landschaft,- und auch wegen der „Sommerkapelle.“