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Die Geschichte von der Schreibmaschine

Eigentlich arbeiten Pfarrer ja nur sonntags eine Stunde. Aber manchmal gibt’s Ausnahmen. Da kriegst du unerwarteten Besuch.

An einem Sonntag sitze ich mit meiner Familie im Garten beim Abendessen. Auf einmal steht ein Fremder am Tisch und sagt: Ich muss den Pfarrer sprechen, dringend. Er ist riesengroß und sieht abenteuerlich aus. Ich stehe auf und gehe mit ihm ins Büro. Diesen Mann hab‘ ich vorher noch nie gesehen und ich grübele: Kommt der aus meiner Gemeinde? Gibt`s einen Notfall?

Vor dem Haus sehe ich seinen Wagen stehen – ein großer Kombi, vollgepackt, mit fremdem Kennzeichen. Ich frage: Was kann ich für Sie tun? Er holt weit aus und erzählt sein ganzes Leben. Ein Globetrotter. Er berichtet mir auch von all seinen schlimmen Erfahrungen mit Kirche. Ich höre zu und würde gerne wissen, was er von mir will. Ich ahne es. Derweil isst meine Familie ohne mich, mein Essen wird leider kalt.

Der Mann packt ein Manuskript aus. Da gibt es ein Kapitel über besonders böse Pfarrer, die ihn nicht unterstützen wollten. Nun soll ich die Scharte auswetzen, indem ich ihm Geld gebe. Seine Schreibmaschine ist nämlich kaputt gegangen, er kann nicht an seinem Buch weiter arbeiten. Ich sage: Da kann ich Ihnen helfen, und packe meine alte Schreibmaschine aus. Der Mann will sie nicht. Ich sage: Sie funktioniert tadellos. Er möchte sie trotzdem nicht, er will Bares sehen. Ich sage: Aber Sie brauchen doch eine Schreibmaschine, und ich habe hier eine für Sie! Er wechselt das Thema. Nun will er Geld für eine Tankfüllung – sein Tank ist groß.

Ich sage: Im Pfarramt gibt’s kein Bargeld. Aber morgen könnten Sie vor der Kirche kehren, dafür bekämen Sie Lohn, da kümmer‘ ich mich drum, versprochen. Der Mann wird wütend. Er will nicht vor der Kirche kehren. Er hasst Kirche. Ich frage ihn, warum er dann ausgerechnet zu mir kommt, wo ich doch für die Kirche arbeite. Er wird noch wütender und brüllt wie ein Stier.

Ich sage: Sie gehen jetzt besser. Eigentlich rechne ich nicht damit, dass er das tut, aber er geht wirklich. Mit quietschenden Reifen braust er davon. Ohne Schreibmaschine. Die hätte ich ihm wirklich gerne gegeben.