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Der Ton macht die Musik

„Junger Mann, nicht in diesem Ton!“, das hat mein Vater früher oft zu mir gesagt.

Meistens, wenn ich mich als Jugendlicher mit ihm gestritten habe. Meistens immer dann, wenn alle anderen viel mehr gedurft haben als ich. Und viel zu oft, nachdem böse Worte fallen und kurz bevor die Zimmertüren knallen.

 

Aber nicht nur in der Pubertät, sondern auch in der Musik gilt:

Wer sich im Ton vergreift, der ruiniert das ganze Lied.

Wenn einer schief singt, dann klingt das ganze Stück nicht mehr ganz so schön.

Und wenn zu viele daneben liegen, manchmal sogar richtig hässlich.

 

Und wie hässlich es wirklich werden kann,

das zeigen oft genug die sozialen Netzwerke.

Wenn Kommentare Leben zerstören.

Wenn Meinungsfreiheit in Hass und Hetze endet.

Wenn Morddrohungen einfach normal werden.

Dann hat man sich nicht nur im Ton vergriffen, sondern auch noch im Lied geirrt.

 

Die Lieder, die wir als Gesellschaft und als Menschheit singen, die klingen ab und zu und immer öfter einfach furchtbar. „Krieg für die richtige Sache“ heißt immer noch Tod. Und „irreguläre Migration begrenzen“, das ist der schiefe Halbton zu geschlossenen Grenzen, Pushbacks und ertrinkenden Menschen im Mittelmeer.

 

Die Entscheidung, welches Lied wir als Gesellschaft singen wollen, die liegt bei uns allen.

Nicht nur bei den Lauten. Bei den Stimmungsmachern. Bei den Hetzern.

 

Vielleicht wird es jetzt langsam Zeit, dass die stille Mehrheit ihre Stimme findet. Und ein anderes Lied anstimmt. Welchen Ton wollen Sie anschlagen?