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Der Narr

»Es gibt keinen Gott!« Das sagt ein Mensch in der Bibel. Dieser Narr, wie der Dichter des 53. Psalms ihn bezeichnet, erregt mit seinen Worten Gottes Aufmerksamkeit. Er hört, was der Narr sagt, und lacht in sich hinein. Keinen Gott soll es geben? Gott steckt den Kopf durch die Wolkendecke und schaut auf der Erde und denkt sich »Wollen wir doch mal sehen, wie es bei den Menschen aussieht. Haben die alles so gut im Griff, dass sie mich nicht brauchen?«

Was sieht Gott, als er hinunter auf die Erde guckt? Er sieht die Welt, wie wir sie kennen: mit Selbstmordattentätern, entführten Kindern und Menschen, die im Mittelmeer ertrinken. Gott hört von Menschen, die schwarze Fußballspieler nicht als Nachbarn wollen. Gott erlebt viel Weisheit, Fortschritt und Entwicklung und gleichzeitig lässt sich kaum verbergen, dass das menschliche Wissen nur wenigen nutzt. Resigniert kommt Gott zu seinem Fazit: »Die Menschen fressen mein Volk, wie man Brot verschlingt.«

Diese Geschichte aus der Bibel ist keine schöne Erzählung. Dafür ist sie ehrlich. Ich höre oft Menschen sagen: »Wenn ich die Welt anschaue, kann ich nicht an Gott glauben. Ich bin doch kein Narr!« Gleichzeitig sehe ich, wie wenig Menschlichkeit es in dieser Welt gibt. Da frage ich mich, wer hier der Narr ist. Ich, weil ich an einen Gott glaube, der das Leid der Welt nicht will und mich ermutigt, Ungerechtigkeit zu benennen und in kleinen Dingen etwas dagegen zu tun? Oder sind die Narren nicht die, die Gott ablehnen, weil Gott ja nichts gegen das Elend in der Welt tut, aber gleichzeitig ihre Hände in den Schoß legen und sagen, dass sie doch sowieso nichts machen können? Oder schlimmer noch, die ihren Beitrag leisten, das Leid der Welt zu vergrößern und Gott die Schuld dafür in die Schuhe schieben. Wer ist in dieser Welt der Narr?

Falls ich mit meinem Glauben an Gott der Narr sein sollte, dann bin ich es gerne. Denn Narren waren früher immer auch diejenigen, die die Wahrheit gesagt haben. Weil man sie nicht ernst genommen hat, durften sie alles aussprechen und so vielleicht doch den ein oder anderen zum Nachdenken bringen. Darum sage ich, egal wie närrisch es klingt: »Es gibt einen Gott, einen Gott, der in der Welt der Menschen sehen will, wie Gutes geschieht.«