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Der Hamburger des Tages

Wer ist eigentlich Ihr „Hamburger des Tages“? Diesen Satz habe ich im Urlaub immer wieder gehört. Nein, es ging nicht um Werbung für eine Fast-Food-Kette. Es war der Titel einer Radiosendung. Die Hörer aus Hamburg und Umgebung waren aufgefordert, ihren „Menschen des Tages“ zu nominieren und zu sagen warum. Da gab es zum Beispiel den Anruf einer Hörerin, die sich auf diesem Weg bei einem unbekannten Mann bedanken wollte, der ihr bei einer Autopanne geholfen hat. Ein Hörer hat seinen Mann nominiert, der ihn nach seinem Verkehrsunfall und Krankenhausaufenthalt dann zuhause weiter versorgt hat. Und das, obwohl er ihm mit seiner Hilflosigkeit bestimmt – Zitat: „tierisch auf den Sack geht“ – Zitat Ende. Eine Studentin hat sich bei ihrem Mentor für die Unterstützung während der Bachelor-Arbeit und für die gute Note bedankt.

Das waren nur ein paar Beispiele, denn jeden Tag gab es aufs Neue Menschen, die beim Radio anriefen, um von ihrem „Menschen des Tages“ zu erzählen. Gerade wegen dieser Anruferstimmen habe ich im Urlaub fast jeden Tag diese Radiosendung gehört. Es hat mir so gut getan, inmitten aller Negativschlagzeilen auch von kleinen Lichtblicken zu hören. Einerseits habe ich mich gefreut für die Person, die Hilfsbereitschaft oder Ähnliches erfahren hat. Andererseits hat es mich aber auch gefreut für die Person, der für ihre Unterstützung gedankt worden ist. Schließlich tut das doch mal richtig gut, wenn man Anerkennung für das erfährt, was man Gutes getan hat und das sogar übers Radio.

Es ist Bestätigung, Motivation und vor allem: Auch ein gutes Beispiel für andere.

Auch, wenn nur ein Bruchteil der Hörer sich wegen dieser Sendung anstrengt, selbst mal „Mensch des Tages“ zu werden – hat das doch einen tollen Effekt: es gibt immer mehr Nachahmer. Nachahmer im positiven Sinn, nämlich solche, die einen Blick für ihre Mitmenschen haben; die gucken, wo sie jemand braucht und die merken, da kann ich selbst etwas tun oder etwas von mir geben. Am Ende kommt jede Menge zwischenmenschliche Hilfe dabei raus. Man könnte auch sagen: „gelebte Nächstenliebe“. Denn genau darum geht es beim „Mensch des Tages“. Natürlich: Ich kann nicht bei jedem davon ausgehen, dass sein bzw. ihr Handeln in der christlichen Maxime der Nächstenliebe begründet ist. Aber darum geht es vielleicht auch gar nicht an erster Stelle. „Es gibt viele Religionen, aber nur eine Moral“ – dieser Satz stammt vom englischen Schriftsteller John Ruskin. Und ich denke, da ist schon was Wahres dran. Ganz egal, ob jemand durch das jüdisch-christliche „liebe Deinen Nächsten, wie Dich selbst“, das muslimische „Tue Gutes, wie Allah dir Gutes getan hat;“ (Sure 28,77) oder durch Kants viel zitierten „kategorischen Imperativ“ in seinem Handeln geleitet wird –  wichtig ist zunächst, dass diese Handlungsmaximen nicht nur pure Theorie bleiben, sondern erlebbar werden. Zum Beispiel in solchen Alltagssituationen wie denen, die beim „Hamburger des Tages“ zu hören waren.

Endlich mal hat hier Nächstenliebe einen eigenen Platz in der Öffentlichkeit. Ich finde das vorbildlich! Der Dienst an unseren Mitmenschen ist eben etwas ganz Wertvolles und verdient deshalb Dank und Anerkennung. Und eben vor allem: Nachahmung! Deshalb überlege ich jetzt mal wer heute mein „Mensch des Tages“ ist. Und ich freue mich schon darauf, es ihm oder ihr auch direkt zu sagen.