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Der Geist von Pfingsten

Also, mal ehrlich: Pfingsten bedeutet doch kaum noch für jemand etwas Christliches. Für die meisten ist es eher der willkommene Anlass für einen Kurzurlaub oder ein verlängertes Wochenende. Zugegeben: der Inhalt des Festes ist etwas sperrig, geht es doch um die Ausgießung des Heiligen Geistes. Einfacher ist die historische Grundlage von Pfingsten zu erklären:

In der Bibel, im 2. Kapitel der Apostelgeschichte, wird ein Sprachwunder erzählt. In Jerusalem kommen am 50. Tag nach dem Passahfest die Anhänger Jesu zusammen. Daher der griechische Name „Pentekoste“, 50, für Pfingsten. Sie verkünden seine Auferstehung und andere Taten Gottes, wie der Geist es ihnen eingibt. Aber die Zuhörer aus aller Welt wundern sich, dass sie diese Galiläer in ihrer jeweiligen Muttersprache hören. Und einige vermuten sogar, dass jene betrunken sind. Als Petrus danach in seiner Predigt zum Glauben und zur Taufe aufruft, stoßen viele zur christlichen Urgemeinde.

„Geburtstag der Kirche“ nennt man Pfingsten deshalb auch. Der Glaube ist also nicht nur Privatsache, sondern braucht auch ein Leben in Gemeinschaft, um Jesu Botschaft weiter zu geben und zu leben. Trotz aller Unterschiede und Konflikte ist aus der Urgemeinde in Jerusalem eine universale Christenheit geworden. Bis heute. Und sie wird trotz Bedrohungen, Kämpfen und Auseinandersetzungen weiter existieren. Denn sie vertraut darauf, dass der Geist Gottes weht, wo und wann er will.

Im Geiste Gottes zu leben, das gibt Kraft, die Wirklichkeit unserer Welt zu bestehen! Dieser Geist umgibt uns unsichtbar wie die Liebe oder die Luft zum Atmen.

Eine andere Gemeinschaft, die EU, ist leider auch in der aktuellen Krisensituation noch nicht so weit, mit einer Sprache zu reden. Einer Sprache, die jede und jeder versteht, etwa im Blick auf Menschenrechte, Frieden und Demokratie. Das zeigt sich gerade wieder in der Blockadehaltung Ungarns zu EU-Sanktionen. Oder im Veto der Türkei gegen den geplanten NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands. Aber als gegenwärtig Verantwortliche können wir doch vor Kindern und Enkeln nur bestehen, wenn es eine Sprache der Hoffnung gibt. Wenn politische Zukunftsentwürfe für sie sichtbar werden.

Vielleicht fehlt der Hunger nach Freiheit, um diese Sprache zu finden. Vielleicht fehlt der Geist von Pfingsten. Dieser Geist ist Gottes Geschenk neuen Lebens, die Gegenwart unserer Zukunft, wie Petrus damals in seiner Predigt an Pfingsten sagte: „Eure Jungen werden Visionen schauen und eure Alten von Gott gesandte Träume haben!“

Da spricht Petrus zu Menschen aus allen Völkern. Er sprengt damit hat die nationalen Grenzen Israels. Das Christentum war also von Anfang an ein „global player“.

Sicher oft verhängnisvoll, aber in ihren besten, geisterfüllten Momenten haben Christen dem Bösen widersprochen, Widerstand geleistet. Sie sind gegen Krieg, Terror und Gewalt eingetreten. Für den Frieden.

„Veni creator spiritus!“, „Komm, Schöpfer Geist!“ heißt es morgen wieder in der Pfingstliturgie der Gottesdienste in den Kirchen.