Beiträge

Der Faule war noch niemals ein Dummer

Zu den ersten Sprüchen, die ich gelernt habe, als ich ins Saarland gezogen bin, gehörte dieser: ‚Der Faule war noch niemals ein Dummer‘. Seitdem begleitet er mich. Vielleicht weil er so sehr im Widerspruch zur modernen Arbeitsethik steht, die Menschen in ein Hamsterrad einspannt. Immer mehr Menschen haben Angst, länger krank zu sein. Manche sind stolz drauf, dass sie am Ende des Jahres noch die Hälfte des Urlaubs übrig haben und auch im Urlaub noch ihre e-mails checken. Schuld daran sind nicht unbedingt die Arbeitgeber, die Chefs und Vorgesetzten. Schuld ist ein Selbstbild, nach dem ich für alles zuständig bin und ohne mich nichts funktioniert. Nach dem ich mit mulmigem Gefühl aus dem Urlaub zurückkomme, weil ich Angst davor habe zu merken, dass alles auch ohne mich geklappt hat.

Ich glaube nicht, dass Gott uns Menschen geschaffen hat, um so zu funktionieren. Und auch der biblische Satz ‚Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen‘, erzählt nicht davon, dass Gott uns nur noch arbeiten sehen möchte. Er schildert eher, wie wir Menschen das Leben vorfinden: anstrengend und nicht immer nur schön. Gott hat uns zu Beidem geschaffen, zum Arbeiten und zum Faulenzen oder, weil es positiver klingt, zum Genießen. Seine Gegner haben Jesus Fresser und Weinsäufer genannt, weil er mit Menschen gegessen und getrunken hat. Jesus wusste von der heilenden Wirkung gemeinsamer Mahlzeiten und er wusste, wie wichtig es ist, auch Zeit für sich zu haben.

Faulheit ist nicht unbedingt eine schlechte Eigenschaft. Sie kann lebensrettend sein. Wenn sie mich davor bewahrt, mein Leben in seiner ganzen Fülle zu verlieren. Deshalb gefällt mir diese saarländische Redensart nach wie vor außerordentlich gut: ‚Der Faule war noch niemals ein Dummer‘. Und es ist ja richtig, wer sich vor Arbeit drücken will, braucht viel Intelligenz und Einfallsreichtum. Noch mehr der, der den Aufwand auf ein Minimum beschränken will. Arbeit zu vermeiden kann eine echte geistige Leistung sein.

Vielleicht lerne ich das ja zu schätzen, bei mir wie bei anderen. Wenn Menschen Ideen haben, Arbeit zu verringern, um Zeit zu gewinnen für das Wesentliche. Es muss ja nicht auf Kosten Anderer sein.