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Der 20. Juli

Muss man am 20. Juli an den 20. Juli erinnern – nämlich an den von 1944? Ich glaube schon. Denn der ist nicht einfach Vergangenheit und  liegt darum hinter uns, sondern ist auch verpflichtendes Erbe – bleibt also bei uns. Heute vor 73 Jahren haben Männer und Frauen aus dem Widerstand gegen die Naziherrschaft ein Attentat auf Adolf Hitler verübt, das dann allerdings wegen unglücklicher Umstände scheiterte. Die Nazis schlugen zurück und brachten alle aus dieser Gruppe, derer sie habhaft werden konnten, nach Schauprozessen um.

 

Zu dieser Gruppe gehörte – jedenfalls bei der Vorbereitung des Attentats – der evangelische Pfarrer Dietrich Bonhoeffer. Er war bereits seit 1943 im Gefängnis. Als Pfarrer der eher konservativen evangelischen Kirche hatte er zunächst dem politischen Engagement der Kirche zurückhaltend gegenüber gestanden. Nach vielen internationalen Kontakten aber wuchs dann seine Überzeugung: die Kirche darf sich nicht aus der Politik heraushalten, wenn der Staat grundlegende Menschenrechte verletzt.

 

Daraus  ergaben sich für ihn drei Handlungsoptionen. Erstens: Die Kirche muss den Staat fragen, ob er sein Handeln verantworten kann. Zweitens: Sie kann sich darüber hinaus der Opfer staatlicher Handlungen annehmen. Drittens: die Kirche muss notfalls dem “Rad in die Speichen fallen“, das heißt Widerstand leisten. Dazu kann auch Gewalt nötig sein.

 

Gerade die letzte Schlussfolgerung ist Bonhoeffer nicht leicht gefallen. Denn eigentlich verabscheute er Gewalt als Mittel politischer Auseinandersetzung. Ein grundlegender Unterschied zu denjenigen, die neulich mit Leichtigkeit und Leichtfertigkeit in Hamburg randalierten. Die Gewalt ausgeübt haben gegen die Stadt, gegen das Eigentum anderer und gegen die Polizei. So, als sei im Widerstand gegen ein „ausbeuterisches System“ jedes Mittel gerechtfertigt. In Wahrheit ging es aber nicht um Widerstand, sondern um Lust an der Zerstörung.

 

Den Männern und Frauen des 20. Juli hatten die Nazis alle Möglichkeiten zur politischen Auseinandersetzung genommen. Ihnen blieb nur noch die Gewalt. Und trotzdem haben sie sich nur zögernd und nach gründlicher Reflexion darauf eingelassen. Auch daran sollten wir uns heute erinnern.

 

 

 

 

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