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Demut

Auf die besorgte Frage, wie es ihm denn gehe, antwortete neulich ein Bekannter knapp: „Meine Krankheit hat mich demütig gemacht“.

Damit konnte ich im ersten Moment nicht viel anfangen. Demut. Diesen Begriff hört man ja inzwischen nur noch, wenn jemand Mist gebaut hat und in der Öffentlichkeit besonders deutlich machen will, dass er seinen Fehler einsieht. Aber mein Bekannter ist gläubiger Christ. Deshalb war klar, dass für ihn Demut viel mehr als nur ein Schlagwort sein muss. Denn im christlichen Denken ist Demut eine wesentliche Eigenschaft des wahren Gläubigen, der mit seinem Gott im Reinen ist. Der Demut des Menschen steht dabei die Demütigung durch Gott gegenüber. Ein besonders krasses Beispiel der Bibel ist Hiob, der in kürzester Zeit Wohlstand, Familie und Gesundheit verliert –  nicht aber sein Vertrauen in Gott. Hiob schätzt seine Position in der Welt realistisch ein: Im Vergleich mit der Größe Gottes ist er nur ein kleiner Wicht. Aber er weiß um seine Würde und seinen Wert als Geschöpf Gottes. Daraus leitet er ab, dass sein Gott ihn nicht fallen lassen wird. Weil Hiob in all seinem Leid Gott die Treue hält und große Demut zeigt, erlöst dieser ihn schließlich und lässt ihm nur noch Gutes widerfahren.

Diese Geschichte zeigt, wie Gott dulden kann, dass guten Menschen Böses widerfährt. Sie ergründet, weshalb trotz Gottes Allmacht und Güte auch ein gerechter Mensch leiden muss, und wehrt sich gegen die schlichte Annahme, dass Leiden eine Strafe Gottes sei. Demut kann also helfen, Schweres zu tragen, ohne die Schuldfrage zu stellen. Nicht auf das Schicksal zu schimpfen, sondern sich der Situation mit Gottvertrauen zu stellen. Klingt wahrscheinlich leichter, als es ist. Aber es macht Hoffnung.