Beiträge

Das Herz ausschütten

Vor mir sitzt eine Frau mittleren Alters. Sie bittet um finanzielle Unterstützung für ihren Lebensalltag. Es reicht nicht für Essen und Trinken. Ihre Ehe ist zerbrochen, das Haus musste verkauft werden, ein Kind lebt bei ihr, das andere bei ihrem Ex-Mann. Sie möchte so gerne arbeiten, aber findet keine Anstellung trotz vieler Bewerbungen. Mittlerweile ist sie völlig verzweifelt und traut sich nichts mehr zu. Mehr und mehr zieht sie sich zurück. Bleibt am liebsten nur noch in ihrer Wohnung.

Sorgen, Ängste, Beziehungsnöte, Misstrauen, Bitterkeit und Zweifel – niemand ist dagegen gefeit. Auch König David aus dem Alten Testament war das nicht. Aber er wusste  Gott als Beistand an seiner Seite. Deshalb konnte David sagen: „Er ist mein Fels, mein Schutz, meine Hilfe, dass ich gewiss nicht fallen werde.“ David tritt die Flucht nach vorne an. Die Flucht in die offenen Arme Gottes. David betet: „Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft!“

Aber wie kann die Frau inmitten von Geldnot, Scheidung und Einsamkeit zur Ruhe kommen und still werden? In einer Zeit, in der Lärm, Hektik, Verpflichtungen und die vielen Beunruhigungen von außen die ersehnte Stille und Ruhe bedrohen? David ermutigt dazu, sein Herz vor Gott auszuschütten. Dazu braucht es eine schonungslose Offenheit. Meiner Erfahrung sorgt bereits die für eine neue Perspektive. Sie lässt durchatmen und macht frei von alten Blickrichtungen. Und das ist nötig, wenn sich etwas verändern soll, wenn es auch nicht gleich die äußeren Lebensumstände sind. Denn selbst wenn die Situation zunächst dieselbe bleibt: In der Offenheit Gott gegenüber erfahre ich seine Nähe und die lässt mich Dinge neu wahrnehmen. Ich komme bei mir an und lerne, aus einer anderen Perspektive zu schauen. In der Stille.

Die Frau hatte mir ihr Herz ausgeschüttet und einmal durchgeatmet. Ich wünsche ihr, dass es ihr geholfen hat, zur Ruhe zu kommen, bei sich anzukommen. Gott hat ein großes Herz für uns alle und möchte, dass unser Traum vom Leben in uns, in dir und in mir in der Stille vor Gott beginnt. Dann können wir wie David beten: Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft!