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Das hab‘ ich kommen sehen!

„Das hab‘ ich kommen sehen!“, sagen wir manchmal. Meistens dann, wenn etwas Übles eingetreten ist.

„Das hab‘ ich kommen sehen!“ ist der resignierte Seufzer, dass mal wieder niemand auf mich gehört hat, obwohl ich das ungute Ende doch kommen gesehen – und davor gewarnt habe. In der Resignation schwingt aber auch ein wenig Triumpf mit.

Ich hab’s ja gewusst! Hättet ihr mal auf mich gehört!

Bei den Adressaten kommt der Ausspruch so oder so nicht gut an. Man ist einerseits beschämt. Denn in der Tat, hätte man auf die Warnungen gehört, wäre es nicht so übel gekommen. Und bei den Adressaten schwingt auch Wut mit. Der immer mit seinen Warnungen!

Ja, ja. Der hat es natürlich kommen sehen. Dabei ist der eigentlich auch nicht besser.

Und überhaupt: Wir wollten es halt trotz der Warnung ausprobieren.

Es hätte ja auch gut ausgehen können.

Irgendwie bringt der Ausspruch: „Das hab‘ ich ja kommen sehen!“ keine positive Wirkung hervor. Umso erstaunlicher, dass in der Bibel gerade solche Warnungen vor dem kommenden Übel überliefert worden sind. Zahlreiche Propheten haben vor einer schlimmen Zukunft gewarnt. Und natürlich hat niemand auf sie gehört.

Die Geschichte hat ihnen dann recht gegeben. Sie haben es kommen sehen – und es kam so.

Warum wurden ihre Warnungen trotz der Scham und der Wut der Adressaten überliefert? Weil das Erstaunliche geschehen ist, dass zu der Scham und der Wut die Erkenntnis kam: Wir waren tatsächlich auf dem falschen Weg. Wir bereuen es.

Und wir überliefern die Warnungen der Vergangenheit, um die Menschen der Gegenwart und der Zukunft vor solchen falschen Wegen zu bewahren.

Eigentlich eine gute Idee, oder?