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Das Gruppenticket

 

Im Großraumwagen des ICE von München nach Düsseldorf sitzt ein Flüchtling ohne Deutsch- und Deutsche-Bahn-Kenntnisse. Er hat ein sogenanntes „Gute-Reise“-Ticket. Das gilt allerdings im ICE nicht. Der Schaffner sagt, der Flüchtling müsse 103 € zahlen, oder ab Würzburg mit der Regionalbahn fahren. Dann käme er allerdings erst um 8 Uhr morgens in Düsseldorf an; das Gute-Reise-Ticket gilt aber nur bis 3 Uhr.

Ein Mitfahrer, der schnell verstanden hat, dass der Mann mit der Situation völlig überfordert ist, übersetzt ins Englische und schlägt dem Schaffner vor: Er wolle die Hälfte des ICE-Tickets bezahlen, wenn die Bahn auf die andere Hälfte verzichten würde. Der Schaffner protestiert, das dürfe er nicht. Aber er hat einen Kompromiss-Vorschlag: Weil in Frankfurt das Personal wechselt, müsse der Mann den vollen Preis ab Frankfurt zahlen; bis dahin lasse er ihn aber mit seinem „Gute-Reise“-Ticket mitfahren. Statt 103,- € müsste der Mann so nur noch 80 € zahlen. Der Mitreisende zückt sein Portemonnaie. Da melden sich andere Fahrgäste, die diese Szene mitgekriegt haben: „Ich mache mit, das ist doch nicht viel!“ Und legen rasch Zehner und Zwanziger dazu.

Am Ende zahlt der Fahrgast, der sich für den Flüchtling einsetzte, nur ganze 8 €. Als er dem Flüchtling die Fahrkarte überreicht und ihm mitteilt, dass er im Zug bleiben könne, schaut ihn dieser ungläubig an und hat Tränen in den Augen. Manchmal braucht es einen, der vorangeht, damit andere in Gang kommen.