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Das Fest der Befreiung

Das kennen wir alle: Ein Fest steht an. Eines, das von vielen gleichzeitig gefeiert wird. Familien kommen zusammen, manchmal werden Lieder gesungen, ganz bestimmte Worte gesagt, ein kleiner Vortrag gehalten. Man isst gemeinsam, trinkt etwas miteinander. Erinnert sich an bestimmte Zeiten. „Was ist nicht alles geschehen seit letztem Jahr?!“

Mit solchen Festtagen sind auch immer ganz bestimmte Erwartungen verknüpft. Alles soll gelingen, alle sollen sich wohl fühlen. Und zuletzt verabschiedet man sich bis zum nächsten Fest, vielleicht im darauffolgenden Jahr.

Solche Feste gab es auch schon immer. Das jüdische Passahmahl gehört eindeutig dazu. Als Erinnerung alljährlich gefeiert.  Erinnert wird die Befreiung aus der Sklaverei. Mose hatte das Volk Israel herausgeführt aus Ägypten. 40 Jahre später sind sie ans Ziel gekommen. Ins gelobte Land. Von Gott geleitet. Diese grundlegende Erfahrung des Volkes Israel wird Jahr für Jahr in Erinnerung gerufen.

Auch an diesem besonderen Abend vor knapp 2000 Jahren. Jesus sagt seinen Jüngern, wo sie das Fest feiern werden. Keiner stellt in Frage, dass sie den Raum so finden, wie er es ihnen vorhersagt. Über lange Zeit nun sind sie mit ihm zusammen. Und haben schon öfter Überraschendes, manchmal auch Unerklärliches erlebt. Es kommt ihnen nicht in den Sinn, an seinen Worten zu zweifeln.

Wie bei jedem Passahmahl spricht der Gastgeber, meistens der Hausvater vorgegebene Worte, leitet die Zeremonie. Natürlich übernimmt Jesus diese Rolle. Es ist ein fröhliches Fest. Und wie jedes Jahr soll es eine gute Erinnerung sein an die Befreiung aus der Sklaverei. Für sie alle ist das Fest in diesem Jahr noch besonderer als sonst. Sie sind in Jerusalem, der heiligen Stadt. Haben einen triumphalen Einzug miterlebt und anschließend die eine oder andere Auseinandersetzung.

An diesem Abend sollen die Erlebnisse der letzten Tage allerdings zurücktreten. Es ist Festabend. Verknüpft mit ganz bestimmten Erwartungen. Vielleicht sind sie alle auch gespannt, ob der Abend nicht doch auch etwas Überraschendes, vielleicht auch Unerklärliches bieten wird. Und tatsächlich tut er das, aber ganz anders als erwartet. Und vielleicht zum ersten Mal kommen bei allen, wirklich allen große Zweifel auf.

Wir wissen, wie der Abend verläuft. Es wird ein trauriges Fest. Ihre Gemeinschaft bricht an diesem Abend auseinander. Einer verlässt die Gruppe nach dem gemeinsamen Mahl. Er sieht die übrigen in der Folge wahrscheinlich nur noch das einmal. Im Garten, wo Jesus später sein Gebet spricht und gefangen genommen wird. Erst da wird allen klar, dass Judas der ist, von dem Jesus gesagt hat, dass er ihn verraten wird. Und folglich können sie alle davon ausgehen, dass auch die übrigen Vorhersagen Jesu alle eintreffen werden. Sie alle Schuld laden auf sich. Wie hat er gesagt? „Ihr werdet in dieser Nacht alle an mir Anstoß nehmen; es steht schon in der heiligen Schrift: »Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe werden sich zerstreuen«.

Schon im Garten Getsemane wird deutlich, was Jesus meint. Hier schon bittet er um ihre Unterstützung. Stattdessen schlafen sie ein. Schließen im wahrsten Sinne des Wortes ihre Augen vor der Not, der Jesus ausgesetzt ist. Kurze Zeit darauf verleugnet ihn Petrus. „Jesus von Nazareth? Ich kenne den Menschen nicht, von dem ihr redet.“ Und alle übrigen fliehen aus demselben Grund. Weil sie wie Petrus Angst haben um ihr Leben. Wer will es ihnen verdenken?

Ja, es wird ein trauriges Fest. Und auch für uns heute ist Gründonnerstag weiterhin ein Tag zum Weinen. Aber das ist nur der eine Teil der Wahrheit. Auf der anderen Seite bleibt uns immer die große Hoffnung: Jesus hat mit genau diesen fehlerhaften Menschen das Abendmahl gefeiert. Er hat sie bei aller Schuld angenommen.