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Dankbar

Als junger Pfarrer war ich in einem Altenheim als Seelsorger beschäftigt. Eines Tages habe ich eine Dame besucht, die bis zum Halswirbel gelähmt im Bett lag. Was kann man dieser Frau erzählen? Dass sich das Leben lohnt?  Ich hab mich ziemlich hilflos gefühlt.

Aber wie so oft war es besser, zuzuhören als zu erzählen. Die Frau sagte: „Ich danke Gott jeden Morgen dafür, was ich alles noch kann.“ Ich war sprachlos. Beinahe hätte ich gesagt: „Aber sie können doch gar nichts mehr“. Gott sei Dank habe ich es nicht getan, denn das wäre natürlich völlig falsch gewesen. Die Frau weiter: „Ich kann die Sonne und die Wolken sehen, ich kann für meine Kinder und Enkel beten, ich kann erzählen, ich kann zuhören, fragen, antworten, ich kann Karten spielen, zumindest wenn einer mein Blatt hält, ich kann lachen.“ Bis heute ist diese Frau eines meiner größten Vorbilder im Leben und ich denke fast täglich an sie.

„Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat“ heißt es in der Bibel.

Ich glaube, wir machen das fast alle falsch. Wir vergessen dauernd was wir haben, können, dürfen, was Gott uns Gutes getan hat und fühlen uns eingeschränkt, benachteiligt undsoweiter. Soll ich mal aufzählen, was ich alles kann? Ach nein, meine Zeit ist schon fast rum. Aber machen Sie das doch mal selber. Bis zum Ende des nächsten Liedes zählen sie mal lauter Sachen auf, die sie können. Wieviel von dem, was sie können und haben, werden Sie in den rund drei Minuten schaffen? Ich sage: maximal 5%!

Schönen Sonntag!