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Brot in Trübsal und Wasser in Angst gibt Gott (Jesaja 30, 15ff)v

Alles ist anders geworden: die Corona-Pandemie verändert auch unseren Sommer: Abstand ist angesagt, Hygiene ist angesagt, Dorf- und Stadtfeste werden abgesagt, ebenso wie Freiluftkonzerte – so vieles abgesagt und für anderes immer neue Regeln angesagt. Und ehrlich gesagt: mir ist das manchmal zu viel: neue An- und Absagen, neue Informationen und Zahlen, alles wird angepasst und manchmal kommt es mir vor, als stiege Corona uns doch zu Kopfe. Auf der anderen Seite weiß ich um die Bedeutung von Vor- sicht und Rück-sicht, um erneute Infektionen zu verhindern. Und in meiner ungeduldigen Sehnsucht, endlich einmal wieder frei den Sommer mit seinen schon so wunderschönen Tagen vollauf genießen zu können, trifft mich die schon jahrtausendealte Ansage des Propheten Jesaja: „Wenn ihr zu mir kommt und stille haltet, dann werdet ihr gerettet. Wenn ihr gelassen abwartet und mir vertraut, dann seid ihr stark“, spricht Gott. Und Gott wird Euch in Trübsal Brot und in Ängsten Wasser geben.

Was für eine Ansage! Fast bringt sie mich in Rage, höre ich doch zuallererst die Aufforderung zu stillem Aushalten – etwas, was ich ohnehin schon nicht gut kann und in dieser Zeit auch irgendwie immer schwieriger finde: Kinder, die ihre Freundinnen und Freunde vermissen, alte Menschen, die einfach eine Umarmung brauchen, eine Kassiererin, die gern endlich mal wieder ein Lächeln statt Masken sähe, ein Gastwirt, der so gern seinen Biergarten für alle öffnete… was sollen wir da mit dieser zuerst so mahnend klingenden Ansage?

Gelassen abzuwarten scheint für viele Menschen in Geldnot und Existenzsorgen, für Politiker und Entscheider so wenig eine gute Option zu sein in dieser Krisenzeit mit oder nach Corona. Allerdings braucht es ja Besonnenheit und Geduld – im Kleinen wie im Großen, um möglichst viele Menschen zu bewahren.

Einer, der mich mit seiner stillen Deutlichkeit sehr beeindruckt hat, ist Herr Schäuble. Vor einigen Wochen machte er besonnen darauf aufmerksam, dass zur in unserem Land garantierten Menschenwürde nicht automatisch das bedingungslose Recht auf Gesundheit gehört. Er hat mit seinem Statement niemanden abgewertet und niemandem vorschnell oder unvorsichtig nach dem Mund geredet. Ich konnte sogar heraushören, wie endlich Erkrankte sich wahrgenommen fühlten, man dachte ja schon, es gäbe vielleicht nur noch dies Virus.

Vielmehr hat Schäuble vorsichtig das zutage treten lassen, was Jesaja uns als Gottes Kraft zusagt: Brot in Trübsal und Wasser in Angst will Gott euch geben! Das bedeutet doch, dass Gott um unsere Not und Unsicherheit genauso weiß wie um Ungeduld und vorschnelle Stärkebeweise, die so viel Unglück bringen können. Angst und Traurigkeit gehören zum Leben, aber sie bleiben nicht unter den Teppich gekehrt: Nicht stille Duckmäuserei und ängstliches Schweigen will der Prophet uns anempfehlen, sondern vielmehr Besinnung ermöglichen und ein Gespür für die Quelle aller Lebenskraft: „Wenn ihr zu mir kommt und stille haltet, dann werdet ihr gerettet. Wenn ihr gelassen abwartet und mir vertraut, dann seid ihr stark“, spricht Gott. Und Gott wird Euch in Trübsal Brot und in Ängsten Wasser geben.

Ich wünsche uns allen, dass wir deutlich und spürbar nah erfahren, wie Gott uns das Wasser reicht und Brot gibt. Das tut Gott, damit wir standhalten können an den Plätzen im Leben, an die wir zur Zeit gestellt sind. Gott lädt uns zu Vertrauen auf ihn ein, damit wir weder besinnungslos der Angst die Bühne überlassen müssen, noch vorschnell Urteile in unsere Welt tragen, die die Gräben noch tiefer und die Einsamkeiten noch schmerzhafter machen – von Brot, das die Traurigkeit nicht vertuscht und Wasser, das die Angst nicht wegspült, kann man leben – in Zeiten des Jesaja genauso wie in Coronazeiten: wir können es brauchen: gestärkt werden und auf Rettung hoffen für uns und alle Menschen in unserer weiten Welt. Gott will Ihnen in Trübsal Brot und in Ängsten Wasser geben: gesegnete Mahlzeit, guten Appetit!