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Bettelfreie Zone in Saarbrücken?

Anmod: „Haste mal ´n Euro?“ Dieser Satz soll in der Saarbrücker Innenstadt bald Geschichte sein. Die Stadtverwaltung plant nämlich eine bettelfreie Zone einzuführen. Die Sozialverbände halten von dieser Idee allerdings reichlich wenig. Daniela Bubel hat mit einem Sozialarbeiter und einem der betroffenen Bettler gesprochen:

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Kunz: „Ich kann es nicht nachvollziehen. Bereits in den 90er Jahren war das hier in Saarbrücken ein großes Thema. Da gab es tatsächlich ein Problem. In dieser Zeit wurden dann auch Regelungen eingeführt in die Straßensondernutzungssatzung, die aggressives Betteln, körpernahes Ansprechen, das Betteln mit Kindern und Zirkustieren verboten haben. Eine Ausweitung dieser Regelung halte ich nicht für erforderlich.“

Täglich hat Kunz mit Menschen zu tun, für die betteln zum Alltag dazugehört. Herr K. ist einer davon und das seit 14 Jahren. Aber wie kommt man in diese Notlage?

Herr K.: „Ich bin mit 50 Jahren unvermittelbar arbeitslos geworden. Wegen eines Wirbelsäulenschadens. Wer wird mir in dem Alter noch Arbeit geben. Ich hab zehn Jahre Bierzelte auf- und abgebaut, hab den ganzen Service hinter Büffet mitgemacht. Hatte einen Stundenschnitt von 18-19 Stunden am Tag. Und das hab ich 10 Jahre gemacht- nicht 10 Tage.“

Irgendwie kommt man schon über die Runden, sagt Herr K., aber Extras bleibt nix übrig.

Herr K.: „Ich komme mit der stattlich verordneten Armut nicht zurecht. Jedesmal wenn ich irgendwas benötige, z. Bsp. Schuhe- ich hab Schuhgröße 47- dann muss ich betteln. […] Ich hause in echt antiken Möbeln. Früher hieß das Sperrmüll.“

Martin Kunz von der Wohnungslosenhilfe kennt diese Probleme nur zu gut. Und er stellt klar: betteln hat nicht nur finanzielle Gründe.

Kunz: „Es gibt Leute, die sind psychisch krank, die Kontakte suchen zu anderen Menschen. Die am Leben teilnehmen möchten und deswegen in der Fußgängerzone sitzen. Ein freundliches Wort, eine Ansprache, ein Kontakt zu anderen Menschen ist wichtig und das ist nicht zu ersetzen.“

Die Saarbrücker Stadtverwaltung plant eine bettelfreie Innenstadt. Am Ende wird das Innenministerium aber entscheiden, ob Menschen wie Herr K. wirklich ein Problem darstellen.