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berührungslos getauft

Vergangenen Sonntag habe ich Wasser über den Kopf einer jungen Frau laufen lassen, in Einmalhandschuhen. Sie wollte an diesem Tag Christin werden und ich habe versucht, sie berührungslos zu taufen. Corona-sicher eben.

Allerdings hatte diese Taufe trotzdem unfassbar viel mit einer Berührung zu tun, nur zum Glück nicht durch mich, sondern durch Jesus Christus. Und ich wünschte mir, in diesem Sinn wäre jede Taufe eine Berührung.

Die junge Frau ist Schülerin an meinem Gymnasium. Manchmal möchten Jugendliche durch meine Arbeit als Schulpfarrer mehr vom Christentum erfahren. Dann wechseln auch schon mal nicht Getaufte in den Religionsunterricht. Und so stand hinter dem Wunsch der Schülerin, getauft zu werden, die Begegnung mit der Geschichte Jesu Christi, seinen Worten von Liebe und Barmherzigkeit, seinem Weg durch den Tod ins Leben. Niemand hat ihr diese Begegnung aufgedrängt. Niemand wollte sie zum Christentum bekehren. Sie ist im Herzen berührt worden, und dann war es für sie folgerichtig, zu seiner Kirche zu gehören.

Vor wenigen Tagen kamen die neuen Zahlen zur Kirchenmitgliedschaft heraus. Im Saarland haben 2019 über 20% mehr Menschen den Kirchenaustritt vollzogen als noch 2018. Setzt dieser Trend sich fort, dann sind Kirchengemeinden, so wie wir sie kennen schon bald nicht mehr finanzierbar. Dann wird die heutige Kirche, die von der Breite der Getauften mitgetragen wird, zum Auslaufmodell.

Klar, das macht mich traurig, denn unsere Gemeinden sind voller Leben. Aber was hilft es, an Wegen festzuhalten, auf denen Christus der Mehrheit der Gemeindeglieder ganz offensichtlich nicht mehr begegnet. Wer sich ein halbes Leben lang fremd fühlt in seiner Kirche, sozusagen getauft, ohne dass es ihn je berührt hat, der wird irgendwann gehen.

Ein Grund zu resignieren ist das aber nicht. Ich habe vergangenen Sonntag erlebt, wie Gottes Wort auch heute noch berühren kann, und das hat dann auch mich berührt. Es geht nicht um das Ende der Kirche, sondern um neue Form, von Christus zu erzählen. Bescheidener wahrscheinlich, dafür persönlicher. Als Pfarrer werde auch morgen nicht in der Hand haben, ob meine Worte, mein Zuhören, meine Gottesdienste Christus den Menschen näherbringen. Das macht er selbst, oder auch nicht. Aber eines habe ich am Sonntag sogar durch die Einmalhandschuhe gespürt: eine Taufe, die berührt, ist noch lange kein Auslaufmodell.