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Augenzeuge

Mein Gastvater aus den USA, der hat felsenfest an Bigfoot geglaubt. Immer wieder hat er die Geschichte erzählt, wie er als kleines Kind sich einmal in den Wäldern von Wisconsin verlaufen hatte. Irgendwann kam er dann auf eine Lichtung, und da stand er. Bestimmt an die drei Meter groß. Haarig. Zottelig. Bedrohlich. Bigfoot. Mein Gastvater hat die Beine in die Hand genommen und ist querfeldein gerannt. Bis zum heutigen Tag ist er felsenfest davon überzeugt, dass er Bigfoot gesehen hat. Und dass mit eigenen Augen.

Ein Augenzeuge. Auch die Polizei fragt ja oft bei schwierigen Fällen nach Ihnen. Und dabei gelten Augenzeugen eigentlich als ziemlich unzuverlässige Quelle. Machen Sie doch einmal den Test: War das Auto, dass gerade neben Ihnen an der Ampel gehalten hat rot oder blau? Groß oder klein? Deutsche Premiummarke oder Asienimport? Der Mann neulich, der vor Ihnen an der Supermarktkasse gestanden hat – hatte der blondes Haar oder braunes? Trug der Bart? Und welche Farbe hatte seine Hose?

Augenzeugenberichte. Eigentlich kaum zu glauben, dass Menschen immer alles mit eigenen Augen sehen wollen, bevor sie es glauben wollen. Und dass, obwohl die eigenen Augen doch so unzuverlässig sind. Vielleicht hat der kleine Prinz ja recht, wenn er sagt: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“

Ob mein Gastvater wirklich Bigfoot gesehen hat? Ich weiß es nicht. Das hätte ich schon mit eigenen Augen sehen müssen.