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Auf der Durchreise

Ein Tourist hat eine Übernachtung in einem Kloster gebucht. Ein Mönch führt ihn zu seinem Zimmer, eine einfache Mönchszelle: ein Tisch, ein Stuhl, ein Bett und zwei Haken für die Kleider. „Sie wohnen aber bescheiden!“, stellt der Tourist überrascht fest – „Sie reisen ja auch nur mit kleinem Gepäck.“, antwortet der Mönch. „Ja, schon – aber ich bin nur auf der Durchreise. – Da lächelt der Mönch: „Das sind wir auch!“ –

Das passt zum Leben im Allgemeinen, wie zum bevorstehenden Jahreswechsel im Besonderen. Der ist auch wie eine Durchreise, von einem zum nächsten Jahr.

Ähnlich wie der Tourist im Kloster möchte ich kurz innehalten: Von wo breche ich auf ins Jahr 2024? Von wem musste ich Abschied nehmen und wer begleitet mich weiterhin auf meinem Lebensweg? Welche Erfahrungen des vergangenen Jahres lasse ich am liebsten hinter mir zurück? Freue ich mich auf das zu erwartende Vertraute, das mein Leben weiterhin ausmacht, wie Familie und Freunde, meine Arbeit, mein Ehrenamt – vielleicht freue ich mich schon darauf, manches zu verändern?

Was nehme ich, was nehmen wir an Lebensgepäck mit ins neue Jahr?

In meinen Lebenskoffer packe ich auf alle Fälle das Gebet von Dietrich Bonhoeffer: „Von guten Mächten wunderbar geborgen…“  Diese Worte sind mit die letzten Zeilen aus der Haft, die seine Verlobte und Familie erreichten. Bonhoeffer schrieb sie zum Jahreswechsel im Dezember 1944. Er wusste nicht, ob er seine Lieben wiedersehen würde. Dennoch: Realistisch und zugleich voller Hoffnung und Zuversicht sagt er in seiner ersten Gebetsstrophe: „Von guten Mächten still und treu umgeben, behütet und getröstet wunderbar, so will ich diese Tage mit euch leben und mit euch gehen in ein neues Jahr.“

 

Der Link zur Mediathek: https://www.sr-mediathek.de/index.php?seite=7&id=135531