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Auf den zweiten Blick

Eine meiner liebsten Ostergeschichten steht im Johannesevangelium. Maria aus Magdala steht am offenen Grab und weint. Sie ist völlig verzweifelt, weil sie davon ausgeht, dass der Leichnam von Jesus weggebracht wurde.

Auch zwei Engel im offenen Grab können sie nicht trösten und plötzlich steht Jesus selbst vor ihr. Und er fragt sie: „Frau, warum weinst du?“

Doch die Augen voller Tränen erkennt sie Jesus nicht, hält ihn für den Gärtner und sagt: „Wenn du ihn weggebracht hast, dann sag mir doch bitte wohin du ihn gelegt hast!“

Jesus sagt daraufhin nur ein Wort: „Maria!“

Und sie begreift sofort: „Rabbuni?“ Es ist ihr Rabbi! Jesus steht vor ihr, und sie will ihn sofort umarmen. Doch Jesus lässt sich nicht festhalten: „Maria, geh und sag es meinen Brüdern und Schwestern!“

Die Augen voller Tränen, verzweifelt in einer Situation die ich nicht verstehe, die mich ohnmächtig macht. Das kenne ich. Ich bin da wieder am Bett meines Sohnes, als er mit acht Jahren im Krankenhaus lag. Er brauchte eine hochriskante Behandlung. Da standen zwei Ärzte und ein Wiederbelebungsteam mit Defibrillator am Bett, während ihm ein Medikament gegeben wurde.

Doch dann dringt ein Hoffnungsschimmer durch. Eine Schwester, die mich anlächelt und nickt. Manchmal ist es, wie bei Maria tatsächlich nur ein Wort oder eine Geste, die hilft, wieder einen neuen Blick, neue Hoffnung zu bekommen.

Es sind die Menschen, die da sind, wenn Tränen fließen. Hoffnungsmenschen, die dabei bleiben, wenn es schwer wird. Und dann spürte ich es: Auch Gott ist da.