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Armut ist ein Armutszeugnis

Was für ein trauriges Armutszeugnis stellt der gestern veröffentlichte Armutsbericht für unser Land aus:  Im letzten Jahr ist in Deutschland durch die Pandemie die Armutsquote auf über 16 Prozent stark gestiegen – etwa 14 Millionen Menschen haben kein sicheres Einkommen. Besonders erschreckend: bei den Rentnerinnen und Rentner wurde eine Armutsquote von etwa 18 Prozent festgestellt und die Kinderarmut liegt sogar bei 21 Prozent.

Hinter jeder Zahl stehen Menschen mit ihrem Schicksal. Deshalb finde ich den Vergleich mit einem Schulzeugnis passend: Auch Zeugnisnoten sagen zwar etwas über den Lernstand aus, weisen aber auch auf den Schüler oder die Schülerin, die hinter der Note stehen und deren ganze Persönlichkeiten niemals mit der Zeugnisnote abgebildet werden können.

Die im aktuellen Armutsbericht genannten Zahlen zeigen mir die armen und ärmsten Menschen in unserem Land.  Dieser Bericht ist eine Seh-Hilfe, um aufmerksam für das Schicksal von armen Menschen zu sein, und zugleich ein Anstoß, um entschieden die Ursachen von Armut zu bekämpfen. Mir fallen beim genauen Hinschauen Ältere ein, die sich wegen ihrer Armut schämen und sich scheuen, Hilfen oder staatliche Unterstützung anzunehmen. Andere brauchen gleich mehrere Jobs, um über die Runden zu kommen oder schaffen es nur mit Hilfe der Tafeln, dass am Ende des Monats noch was zu essen im Hause ist. Die Kleiderkammer unserer Gemeinde wird von immer mehr Menschen genutzt. Manche Eltern erzählen, dass der bürokratische Aufwand sie oft überfordert, um entsprechende finanzielle Entlastungen zu erhalten. Da bin ich froh, wenn wir auch mal „unbürokratisch“ mit Geld aus unserer Diakoniekasse helfen können.

Viele haben so sehr mit dem täglichen Versorgungskampf zu tun, dass gar keine Kraft mehr da ist, die staatlichen oder kirchlichen Unterstützungsangebote zu nutzen. Was kann helfen? Z.B. Kleider-, Essens und Geldspenden für Einrichtungen wie Kleiderkammern oder Tafeln. Auf Menschen zugehen, ihnen zuhören und gemeinsam mit ihnen nach guten Lösungen zu suchen. Damit nicht über, sondern mit ihnen geredet wird, damit Armut Menschen nicht länger abstempelt und beschämt.

Schließlich: Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Ich stelle mir vor, gemeinsam mit den Betroffenen zu lernen, wie die Ursachen von Armut beseitigt werden können: mit eigenem Einsatz, mit der Hilfe von Fachleuten und dem entsprechenden politischen Willen.

Wenn wir solidarisch und verantwortlich füreinander da sind, dann können wir eine richtig gute Lerngemeinschaft werden!

 

Hier der Link zur Mediathek: https://www.sr-mediathek.de/index.php?seite=7&id=117256