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Anarcho-TV

Mein Teenager-Sohn hatte einen Riesenspaß vorm Fernseher: Da lief eine völlig überdrehte Karikatur einer klassischen Samstagabendshow. Es gab jede Menge mehr oder weniger alberne Spiele, in denen die beiden Protagonisten Sendezeit gewinnen konnten. Ganze 15 Minuten hatten sie am Ende rausgeholt.

Die sollten sie dann am nächsten Tag zur Primetime füllen dürfen –  mit was auch immer sie wollten. Mein Sohn konnte es kaum erwarten, und auch ich war ein bisschen gespannt, was für einen Quatsch das Duo da wohl produzieren würde.

Womit wir nicht gerechnet hatten: Nach den 15 Minuten haben wir heulend vor der Glotze gesessen. Denn das Duo hat die gewonnene Sendezeit nicht für platte Gags und irren Klamauk genutzt.

Sie haben vielmehr ‚ihre‘ Viertelstunde Menschen überlassen, die  “ein bisschen mehr Aufmerksamkeit verdient haben”, wie sie sagten: Zu Wort kamen die Kapitänin eines Seenotrettungsschiffes, ein Obdachlosenhelfer und eine Schriftstellerin, die sich in ihrem Wohnort in Ostdeutschland gegen Rechtsextremismus engagiert.

Das war völlig unerwartet und sehr ergreifend, vor allem die Schilderungen der Kapitänin. Möglicherweise hat manch ein Zuschauer sich an diesem Abend zu ersten Mal Gedanken über die Not der Bootsflüchtlinge oder der Penner am Berliner Bahnhof Zoo gemacht. Für mich waren diese 15 Minuten absolutes TV-Highlight.