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Allaweil Brodworschd

„Brauchst du noch einen Deppich?“ hat mich ein Freund gefragt, als ich zum ersten Mal in der Pfalz übernachtet hab‘. Ich hab‘ ungläubig auf den dreckigen Läufer im Flur geschaut und dann sicherheitshalber doch lieber schnell „Ne, ne – geht schon!“ gesagt. Und natürlich nachts dann ziemlich gefroren. Ich hab‘ auch lang gerätselt, was dieser „weiße Käs‘“ wohl ist und auf eine ganz besonders leckere elsässische Spezialität gehofft.  Ob die „Brodworschd“ was mit der bayrischen Brotzeit zu tun hat, das hab ich mich dann schon gar nicht mehr zu fragen getraut. Und was der Unterschied zwischen „Alla“, „Allahopp“ und „Allaweil“ ist, das hab‘ ich bis heute noch nicht ganz verstanden.

Verständigungsschwierigkeiten. Unterschiedliche Dialekte, Einflüsse, vermeintliche Selbstverständlichkeiten. Den Anderen nicht zu verstehen ist unangenehm. Ich will ja nicht dumm dastehen, nicke grinsend und hoffe, dass es nicht auffällt. Und verstehe doch nur Bahnhof.

Noch schwieriger ist es, wenn ich mich selbst einfach nicht verständlich machen kann. Die eine oder der andere hat das vielleicht schon einmal im Urlaub im Ausland erlebt: Dieses unglaublich frustrierende Gefühl, dass ich das, was ich eigentlich sagen will, beim besten Willen nicht ausdrücken kann. Im Restaurant krieg ich das noch irgendwie hin, notfalls mit Händen und Füßen. Aber spätestens beim Arztbesuch im Urlaub wird’s ernst. Nicht sagen zu können, wo es weh tut. Was mich beschäftigt.

Sich einfach nicht ausdrücken können.

Das passiert mir übrigens nicht nur im Urlaub, sondern auch bei Freunden, bei Familie, bei Kollegen. Wie oft steh ich da, ringe um die richtigen Worte, druckse herum, und ärgere mich, dass der „richtige Moment“ gar nicht kam – oder schon längst wieder vorbei ist?

Wenn die Worte fehlen, dann tut‘s richtig weh. Und wenn’s richtig weh tut, dann fehlen einem oft die Worte.

Den ersten Jüngern von Jesus ging es da am Ende wahrscheinlich nicht viel anders. Die Bibel erzählt in der Apostelgeschichte, wie die 11 nach Ostern ziemlich ratlos in Jerusalem gesessen haben. Ein paar Tage vorher waren sie noch zu 13. Jesus haben sie getötet. Und Judas hat sich umgebracht.  Ja sicher, einige erzählen, dass sie Jesus nach seinem Tod nochmal gesehen haben. Aber ein letzter Zweifel bleibt ganz sicher. Ich kann mir vorstellen, wie sie da im Kreis sitzen und ratlos auf den Boden schauen.  Was sollen sie denn auch groß sagen? Und vor allem – wie soll es weitergehen?

Und dann – heißt es in der Bibel – passiert das Wunder. Der Heilige Geist kommt, es braust ein Wind, Feuererscheinungen. Den Elf geht ein Licht auf und sie predigen, was das Zeug hält. Das Wunderbare daran: Jeder kann sie verstehen, egal, welche Sprache gelernt oder auch nicht gelernt hat. Welchen Dialekt er beherrscht.

Ob das wirklich damals so war? Mit Feuerzungen, Windbrausen und Special-Effects? Ich glaube, das ist gar nicht so wichtig. Die Jünger haben trotz allem Frust und aller Ratlosigkeit plötzlich gewusst, was sie sagen sollen. Sie haben Worte gefunden, und zwar anscheinend ganz genau die Richtigen.  Sie haben sich endlich ausdrücken können. Und jeder hat sie verstanden.

Der Heilige Geist. Oder wenn man’s genau nimmt: Der Atem Gottes. Nichts anderes ist nämlich der Heilige Geist. Wenn einem die Worte fehlen, vielleicht hilft es dann, einfach mal tief einzuatmen. Luft zu holen. Und vielleicht passiert dann auch heutzutage noch ein Wunder. Ich finde die richtigen Worte. Verstehe und werde verstanden.

Auch wenn es mal um mehr als eine Brodworschd geht. 😉