Advent, ernstgenommen
Die Wohnung festlich geschmückt. Geheimnisvolle Päckchen, mehr schlecht als recht im Kleiderschrank versteckt. Familiennachmittage mit Weihnachtsbäckerei und Basteln. Ich liebe die Adventszeit. Gefühlt ist bis Weihnachten jeder Tag ein Fest. Auch im kirchlichen Kalender folgt ein besonderer Tag auf den anderen. Da sind die vier Adventssonntage mit ihren wunderschönen Liedern und Konzerten. Da sind die Gedenktage der Heiligen: Barbara, Nikolaus, Lucia. Mit dem Heiligengedenken haben Protestanten wie ich es ja nicht so. Ich finde diese Tage trotzdem wichtig. Sie geben der Festzeit eine Ernsthaftigkeit, die ihr gut tut. Das gilt für die Sonntage des Advents. Das gilt für den vor allem von Kindern geliebten Nikolaus. In allen Nikolausgeschichten geht es um Armut, Hunger und Not.
Und das gilt in besonderer Weise für Barbara und Lucia. Barbara und Lucia wurden im 4. Jahrhundert als christliche Märtyrerinnen hingerichtet. Barbara weigerte sich, einen der von ihrem Vater ausgewählten Männer zu heiraten. Dafür wurde sie vom Vater und den Männern gehasst, gefoltert, ermordet. Lucia hatte ihre Verlobung gelöst, um ihr Leben Jesus und dem Dienst an den Armen zu widmen. Ihr Ex-Verlobter verfolgte sie daraufhin mit Hass bis hin zu ihrem Martyrium. Barbara und Lucia mussten nicht sterben, weil sie Christinnen waren. Sie wurden von Männern ermordet, weil sie Frauen waren, die selbstbestimmt leben wollten. Die Hinrichtungen der Heiligen Barbara und der Heiligen Lucia waren Femizide.
Vorgestern war der internationale Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen. An vielen Orten finden die ganze Woche Veranstaltungen und Aktionen zum Thema Gewalt gegen Frauen statt. Barbara und Lucia sind für mich die Heiligen aller Frauen, die Gewalt von Männern erleiden.
Ja, es geht um ernste Themen im Advent. Nicht von ungefähr ist die Adventszeit in der Tradition der Kirche Fastenzeit. Zeit der Buße und Umkehr. Sack und Asche braucht es trotzdem nicht.
Denn: Advent ist auch Zeit der Hoffnung. Wir Christen warten, dass Gott in die Welt kommt. Auf Licht im Dunkeln. Und diese Hoffnung verträgt sich sehr gut mit der festlich geschmückten Wohnung, mit geheimnisvollen Päckchen und mit Familiennachmittagen. Ich liebe das.
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https://www.ardmediathek.de/video/aus-christlicher-sicht/aus-christlicher-sicht-27-11-2025/sr/Y3JpZDovL3NyLW9ubGluZS5kZS9BQ1NfMTYxMTYw