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Abraham

Die palästinensische Terrororganisation Hamas hat vor zwei Jahren Israel angegriffen und über 1000 Menschen ermordet. Dann begann der Vergeltungsfeldzug der israelischen Armee im Gazastreifen. Der wurde durch die Bombenangriffe zu einer apokalyptischen Landschaft mit Hunger und Tod. Irgendwann war die Unverhältnismäßigkeit offenkundig. Deshalb kam es auch bei uns zu propalästinensischen Kundgebungen. Menschen jüdischen Glaubens wurden angepöbelt, Synagogen mussten geschützt werden. Umgekehrt wurde pauschal gegen den Islam gehetzt.

Unter Vertretern meiner Kirche hab ich beides leider auch gefunden. Ein Pfarrer teilt üble Videos von Gräueltaten der Hamas auf Facebook, ein Kollege schreibt propalästinensische Leserbriefe. Die meisten sagen lieber gar nichts. Das Thema ist für Christen in Deutschland heikel. Schnell kommt der Vorwurf, Antisemit zu sein. So ging es ausgerechnet dem Antisemitismusbeauftragten und evangelischen Freiheitspreisträger Roland Rixecker.

Jetzt schweigen die Waffen. Israelische Geiseln kommen frei, die Menschen in Gaza stehen nicht mehr unter Beschuss.

Ich hoffe, dass jetzt auch die Waffen bei uns schweigen: die Polemik, die Unterstellungen, das Hasserfüllte. Denn: die eigentliche Friedensarbeit beginnt jetzt erst.

Ich hoffe, dass religiöse Stimmen den Konflikt nicht mehr befeuern, sondern befrieden. So wie am 3.10., dem Tag der Deutschen Einheit. Im Fernsehgottesdienst aus der Ludwigskirche wurde die gemeinsame Wurzel von Judentum, Christentum und Islam betont: das ist Abraham, von dem Bibel und Koran erzählen. Er war weder Jude noch Christ noch Moslem, sondern Vater aller nach ihm benannten abrahamitischen Religionen. Ihm wurde vor Urzeiten das Heilige Land versprochen. Gott hat sein Versprechen gehalten, in diesem Land leben heute seine Ur-Ur-Ur-Enkelkinder, eben Juden, Moslems und Christen.

Am 3.10. standen Menschen dieser drei Religionen auf dem Saarpolygon und haben gemeinsam für Deutschland gebetet. Benjamin Chait von der Synagogengemeinde sagte: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst: das ist unser Weg. Sei ein Mensch: das ist unser Auftrag.“ Und der Moslem Halil Urhan neben ihm: „Denn wir glauben vielleicht an Verschiedenes – aber wir leben gemeinsam. Und das ist das Wichtigste.“