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Feuer und Flamme

Ich glaube ja, dass jeder diesen einen Menschen im Freundeskreis hat, der ohne Punkt und Komma erzählen kann. Von der Arbeit. Von dem tollen Projekt. Von der Beförderung. Vom Nachwuchs, der Liebe des Lebens und den großen Hochzeitsplänen. Ganz egal, ob die anderen das alles überhaupt hören wollen.

Aber so ist das eben. Wenn wir Feuer und Flamme für ein Thema sind, wenn uns etwas so richtig begeistert, dann sprudeln die Worte fast wie von selbst und wir können gar nicht mehr aufhören, davon zu erzählen. Und ganz ehrlich: wenn es um Bücher geht, um Geschichten und Romane, ja dann geht das auch mir nicht anders. Dann muss auch mein Freundeskreis sich immer wieder den gleichen Sermon über Autoren und Verlage, über Auflagen und Plot Twists anhören.

Ganz anders ist es aber, wenn sich das Gespräch um ein Thema dreht, von dem wir insgeheim gar keine Ahnung haben – oder das uns sogar unangenehm ist. Beim Thema Computer beispielsweise merke ich selbst: Ich weiß, wo er angeht. Aber darüber hinaus ist der für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Wenn es dann im Freundeskreis um Prozessoren und Software, um Webdesign und Arbeitsspeicher geht, versteh ich nur noch Bahnhof, nicke und grinse unsicher und versuche das Thema möglichst unauffällig zu wechseln.

Oder Eltern, die erzählen vor allem dann gerne von Ihrem Nachwuchs, wenn sie so richtig stolz sein können. Wenn aber die eigenen Kinder mit dem Leben kämpfen oder sogar auf die schiefe Bahn geraten, ja dann machen sie lieber keine großen Worte draus.  Dann geht es denen oft wir mir mit dem Computer – dann wird ziemlich kreativ versucht, das Thema möglichst effektiv zu umschiffen.

Aber so ist das eben. Wenn wir Feuer und Flamme für etwas sind, dann können wir gar nicht mehr aufhören davon zu erzählen. Wenn uns aber etwas peinlich ist. Wenn wir insgeheim gar keine Ahnung davon haben oder uns etwas in Verlegenheit bringt – dann wird oft nur noch herumgedruckst, gestammelt oder lieber gleich ganz geschwiegen.

So wie beim Thema Glauben. Zumindest ist mir das neulich so passiert. Und das hat mich ehrlichweise ziemlich aus dem Gleichgewicht gebracht. Immerhin bin ich ja Pfarrer. Ich kann aus dem Stehgreif theologische Vorträge halten. Ich kann aus dem Gedächtnis heraus noch die Missionsreisen des Paulus referieren.  Aber als mich neulich ein Konfirmand gefragt hat, woran ich denn eigentlich glaube, was mir wirklich wichtig ist uns was Gott für mich bedeutet – da hab‘ sogar ich plötzlich nur noch herumgedruckst, gestammelt und festgestellt: über den eigenen Glauben zu sprechen, das ist gar nicht so einfach. Und auch gar nicht so üblich. Oder wann haben Sie das letzte Mal mit jemandem über Ihren ganz persönlichen Glauben geredet? Mit Freunden, mit Familie, mit Kollegen?

Und ich glaube, dass das nicht nur mir so geht. Über den eigenen Glauben zu sprechen, dass kann ganz schön unangenehm sein. Immerhin geht’s dabei ja wirklich ans Eingemachte und um die eigene Existenz. Das ist eigentlich kein Thema für den Smalltalk zwischen Tür und Angel.

Und dabei ist mein eigener Glaube doch gar nichts, wofür ich mich schämen müsste. Mein Glaube, das ist der Schlüssel zu der Frage, wie ich mich selbst und die Welt um mich herum wahrnehme. Wie ich Menschen begegne. Und was mich trägt. Und während ich so darüber nachdenke, da fallen mir lauter Geschichten ein, in denen mein Glaube eine wichtige Rolle gespielt hat. Ja, wenn ich so darüber nachdenke, da kommen die Worte wie von selbst und ich will gar nicht mehr aufhören laut zu überlegen und Menschen davon zu erzählen. Von der einen falschen Entscheidung und davon, wie Gott es am Ende doch noch zum Guten gewendet hat. Von der unverhofften Hoffnung, als ich wirklich nicht mehr gewusst habe, wie es weitergehen soll. Oder von dem einen Mal, als mich ein Konfirmand gefragt hat, woran ich eigentlich glaube – und was mir wirklich wichtig ist.

Aber so ist das eben. Wenn wir Feuer und Flamme für etwas sind, dann können wir gar nicht mehr aufhören davon zu erzählen – und dann kommen auch die Worte plötzlich wie von selbst.