No Kings
„Macht hoch die Tür.“ In allen evangelischen Gottesdiensten wird dieses Adventslied heute Morgen gesungen. Es greift die folgende biblische Geschichte auf: Jesus zieht auf einem Esel reitend mit seinen Anhängern in Jerusalem ein. Die Menschen legen Palmzweige und Kleider vor ihm auf den Weg und jubeln ihm zu wie einem König. Von jeher wird dieser Einzug als ein Bild für die Sanftmut, Demut und Barmherzigkeit Jesu verstanden; damit berührt und begeistert er die Menschen. Ich finde diese Auslegung wichtig; aber ob sie dem Einzug Jesu in Jerusalem gerecht wird, da habe ich so mein Zweifel.
Ich glaube, der Einzug in Jerusalem war so eine Art Happening; war wie ein Karnevalsumzug, der den Mächtigen Jerusalems mit ihrem Pomp den Spiegel vorhält und sie verhohnepipelt.
Vielleicht würde Jesus heute mit zu lang gebundener roter Krawatte und einem Bauplan für einen gigantischen Ballsaal in der Hand vor dem Weißen Haus auf und ab stolzieren. Oder ein Video von sich ins Netz stellen, wie er mit freiem Oberköper über den roten Platz reitet; ein Bolzengewehr in der Hand und einen ausgestopften Tiger vor sich auf dem Sattel.
Das würde ihm nicht gut bekommen, werden sie denken. Nun, der Einzug in Jerusalem ist Jesus auch nicht gut bekommen. Ein paar Tage später war der Mann tot.
Ich glaube, der Einzug in Jerusalem heißt einfach so viel wie: No Kings.
Oder besser: No Kings, denn Gott ist König. Der ist in der Tat sanftmütig, demütig und barmherzig.
Macht hoch die Tür.