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Stoßgebet

Es ist morgens 8:30 Uhr. Ich sitze im Auto. In meinem Kopf läuft ein Film von Sachen, die ich heute schon erledigt habe. Um 5:00 Uhr bin ich aufgestanden. Hab Kuchen gebacken und Kaffee getrunken. Kita Rucksack gepackt. Gefrühstückt mit der Familie. Kaffee Nummer zwei. Kind angezogen, mich angezogen. Haare gefärbt und Locken geknetet. Geschminkt. Hund gefüttert. Kind zur Kita gebracht. Jetzt fahre ich zu einem dienstlichen Termin.

Man könnte meinen, es wär beeindruckend, was ich schon geschafft hab. An anderen Tagen wäre ich vielleicht auch stolz drauf.

Aber heute fahr ich durch den Nebel. Er legt sich über meine Windschutzscheibe und auch meine Gedanken. Tränen Kratzen innen an meinem Augenlid. Sie wollen raus. Der Knoten in meinem Hals strahlt mit seiner Härte in meinen Bauch.

Statt Stolz spüre ich Erschöpfung und Leere. Hinterm Lenkrad tief durchatmen. Gegen die Erschöpfung und Leere schicke ich ein Stoßgebet zum Himmel. Beim Termin angekommen schenkt mir eine Freundin von der Arbeit einen Plüschdrachen. „Den hab ich gesehen und direkt gedacht – der muss unbedingt in deinem Auto wohnen.“ sagt sie.

Zuckersüße Worte und ein Moment, der direkt ins Herz geht.

Ob da wohl jemand mein Stoßgebet erhört hat?